Öffentliche Veranstaltungen unter freiem Himmel

Mit dem Landesgesetz zur Änderung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes sowie beamtenrechtlicher Vorschriften vom 23. September 2020 (GVBl. S. 516) ist § 26 POG neu aufgenommen worden. Ziel ist es, die Sicherheit bei öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel weiter zu verbessern.

So wird eine Anzeigepflicht für die in der Vorschrift näher bezeichneten Veranstaltungen ab einer bestimmten Größenordnung eingeführt. Der Begriff der Großveranstaltung wird legal definiert und die bisherige Zuständigkeit der örtlichen Ordnungsbehörden insoweit auf die Kreisordnungsbehörden übertragen. Der Veranstalter einer öffentlichen Großveranstaltung ist nunmehr u. a. gesetzlich verpflichtet, rechtzeitig vor Veranstaltungsbeginn ein Sicherheitskonzept vorzulegen. Nach Artikel 7 Nr. 2 des Gesetzes vom 23. September 2020 ist § 26 POG am 6. April 2021 in Kraft getreten.

Schriftliche Anwendungshinweise

Zur näheren Ausgestaltung der Verfahrensabwicklung und des Sicherheitskonzepts hat das Innenministerium schriftliche Anwendungshinweise erlassen. Diese sind für alle Veranstaltungen unabhängig der Größe gültig.

Adressaten der Anwendungshinweise sind in erster Linie die für die Veranstaltungen zuständigen allgemeinen Ordnungsbehörden.

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Auslegungshinweise zu § 26 POG

Die Auslegungshinweise zu § 26 POG befassen sich mit ausgewählten Fragestellungen zu Veranstaltungen unterhalb der Schwelle zur Großveranstaltung.

Adressaten der Auslegungshinweise sind in erster Linie die für Veranstaltungen unterhalb der Schwelle zur Großveranstaltung zuständigen örtlichen Ordnungsbehörden.

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FAQs

§ 26 POG wurde durch das Landesgesetz vom 23. September 2020 (GVBl. S. 516) neu in das Polizei- und Ordnungsbehördengesetz aufgenommen. Die Regelung ist am 6. April 2021 in Kraft getreten.

Die amtlichen Erläuterungen sind in der Landtagsdrucksache 17/12072 ab S. 67 abgedruckt (https://dokumente.landtag.rlp.de/landtag/drucksachen/12072-17.pdf).

§ 26 POG wurde geschaffen, um materielle Schutzlücken im Bereich der Veranstaltungssicherheit zu schließen. Zwar bestand auch bislang schon eine Vielzahl von einzelnen Anzeige- und Genehmigungspflichten nach diversen Fachgesetzen. Diese beziehen sich regelmäßig aber nur auf bestimmte Teilaspekte einer Veranstaltung (z. B. auf die Nutzung öffentlicher Verkehrsflächen) oder stellen Anforderungen, die sich nicht an den Veranstalter richten (z. B. Schankerlaubnisse). Ein allgemeiner Auflagenvorbehalt zur Gefahrenvorsorge bestand nicht. Bislang konnten Anordnungen nach allgemeinem Gefahrenabwehrrecht nur auf die Generalklausel des § 9 Abs. 1 Satz 1 POG gestützt werden, die allerdings eine konkrete Gefahr voraussetzt. Insbesondere im Planungsstadium einer Veranstaltung liegen konkrete Gefahren jedoch in der Regel nicht vor.

Anzeigepflicht des Veranstalters für öffentliche Veranstaltungen ab einer bestimmten Größenordnung (§ 26 Abs. 1 POG),
Legaldefinition für den Begriff der Großveranstaltung (§ 26 Abs. 2 Satz 1 POG),
Zuständigkeit der Kreisordnungsbehörde (anstelle der örtlichen Ordnungsbehörde) für Großveranstaltungen (§ 26 Abs. 2 Satz 2 POG),
Pflicht des Veranstalters einer Großveranstaltung zur Vorlage eines Sicherheitskonzepts und zur Einrichtung eines Ordnungsdienstes (§ 26 Abs. 4 Satz 1 POG),
Pflicht des Veranstalters einer kleineren Veranstaltung zur Vorlage eines Sicherheitskonzepts und zur Einrichtung eines Ordnungsdienstes, sofern dies nach der Art der Veranstaltung erforderlich erscheint (§ 26 Abs. 5 POG; vgl. hierzu Gliederungspunkt 8),
Vorgaben zur behördlichen Abwicklung einer Großveranstaltung (§ 26 Abs. 6 POG),
Rechtsgrundlage für Gefahrenvorsorgemaßnahmen (§ 26 Abs. 7 Satz 1 POG),
Rechtsgrundlage zur Untersagung oder zum Abbruch einer Veranstaltung (§ 26 Abs. 8 POG),
Ordnungswidrigkeitentatbestände bei Verstößen des Veranstalters gegen § 26 POG (§ 115 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 bis 3 POG).

§ 26 POG gilt für alle öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel, sofern sie keine Versammlungen sind und nicht ausschließlich innerhalb einer Versammlungsstätte stattfinden. Je nach erwarteter Besucherzahl gelten unterschiedliche Vorgaben. So ist wie folgt zu differenzieren:

  • Anzeigepflicht des Veranstalters: ab einer voraussichtlichen Besucherzahl von mehr als 5.000 Personen zeitgleich (§ 26 Abs. 1 POG),
  • Zuständigkeit der Kreisordnungsbehörde: nur bei Großveranstaltungen (§ 26 Abs. 2 POG),
  • Obligatorische Vorlage eines Sicherheitskonzepts: nur bei Großveranstaltungen (§ 26 Abs. 4 Satz 1 POG),
  • Vorlage eines Sicherheitskonzepts auf Verlangen der Ordnungsbehörde: Bei allen Veranstaltungen unterhalb der Schwelle zur Großveranstaltungen (einschließlich kleiner Veranstaltungen mit einer voraussichtlichen Besucherzahl von weniger als 5.000 Personen zeitgleich), sofern Anhaltspunkte für ein erhöhtes Gefährdungspotential vorliegen (§ 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 POG),
  • Einrichtung eines Koordinierungsgremiums und Benennung eines zentralen Ansprechpartners: nur bei Großveranstaltungen (§ 26 Abs. 6 POG),
  • Anordnungen zur Gefahrenvorsorge: möglich bei Großveranstaltungen und Veranstaltungen mit einer voraussichtlichen Besucherzahl von mehr als 5.000 Personen zeitgleich und einem erhöhten Gefährdungspotential (§ 26 Abs. 7 Satz 1 POG),
  • Untersagung oder Abbruch einer Veranstaltung: möglich bei allen Veranstaltungen unabhängig von der Besucherzahl (§ 26 Abs. 8 POG).

§ 26 POG gilt nur für öffentliche Veranstaltungen, die nicht ausschließlich unter die Versammlungsstättenverordnung fallen, weil für Veranstaltungen innerhalb von Versammlungsstätten bereits weitreichende Schutzvorschriften im Bauordnungsrecht vorhanden sind. So besteht nach § 43 Abs. 1 und 2 VStättVO eine Ermächtigungsgrundlage, nach der ein auch die Gefahrenvorsorge umfassendes Sicherheitskonzept zu erstellen ist.

Der Veranstalter ist für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortlich. Für Schäden haftet der Veranstalter nach § 280, § 823 BGB, wenn er die ihm obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt hat. Gegen mögliche Schadensersatzansprüche kann sich der Veranstalter durch Abschluss einer Veranstalter-Haftpflichtversicherung schützen.

Die Gemeinde haftet im Falle einer Amtspflichtverletzung nach § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 GG, d. h. bei einer schuldhaften Verletzung von Pflichten, die gegenüber den Besucherinnen und Besuchern der Veranstaltung bestehen. Bestehen z. B. Anhaltspunkte dafür, dass ein Veranstalter seinen Verkehrssicherungspflichten nicht nachkommt, so sollte die Gemeinde einschreiten. Anderenfalls könnte eine Pflichtverletzung durch Unterlassen und damit eine Amtshaftung begründet sein. Die Amtshaftung beinhaltet zunächst die persönliche Haftung der für den Staat handelnden Person. Diese Haftung wird aber gem. Art. 34 GG auf den Staat übergeleitet. Eine persönliche Haftung des Amtswalters kommt nur bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit in Betracht (vgl. Art. 34 Satz 2 GG). Da der Amtswalter in den meisten Fällen allenfalls leicht fahrlässig handelt und dann keinem Rückgriff ausgesetzt ist, sind die Fälle des Regresses, d. h. einer persönlichen Haftung des Amtswalters eher selten.

Nein. Eine ausnahmslose Pflicht zur Vorlage eines Sicherheitskonzepts besteht nur bei Großveranstaltungen. Bei kleineren Veranstaltungen geht das Gesetz (§ 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 POG) davon aus, dass diese im Regelfall ohne Sicherheitskonzept stattfinden können. Etwas anderes gilt nur, soweit ein Sicherheitskonzept nach der Art der Veranstaltung erforderlich erscheint (§ 26 Abs. 5 Satz 1 und 2 POG). In diesem Fall kann die Ordnungsbehörde ein Sicherheitskonzept verlangen. Das Gesetz räumt der Behörde hier einen Beurteilungs- und Ermessensspielraum ein. Während das Ermessen auf der Rechtsfolgenseite erscheint (Handlungsermessen: die Behörde kann ein Sicherheitskonzept verlangen), bezieht sich der Beurteilungsspielraum auf den gesetzlichen Tatbestand („soweit dies nach der Art der Veranstaltung erforderlich erscheint“).

Nach der gesetzlichen Zielvorstellung kann ein Sicherheitskonzept erforderlich erscheinen, wenn konkrete Umstände vorliegen, die geeignet sind, die Sicherheit der Veranstaltung zu beeinträchtigen. Das Gesetz nennt in § 26 Abs. 5 Satz 3 POG beispielhaft Kriterien, die ein erhöhtes Gefährdungspotential begründen können. Hierzu gehören eine hohe Personendichte, die Zusammensetzung der Besuchergruppen, das Veranstaltungsgelände oder Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden. So kann etwa eine sehr heterogene oder rivalisierende Zusammensetzung der Besucher Konfliktpotential in sich bergen. Der Ort der Veranstaltung (bauliche Anlagen, Lage, Umgebung, Zufahrten) kann für eine sichere Durchführung der Veranstaltung problematisch sein. Ferner können Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden vorliegen, wonach z. B. mit gewaltbereiten Besuchern zu rechnen ist oder wegen hoher medialer Aufmerksamkeit, eines besonderen Veranstaltungsortes oder der Teilnahme prominenter Persönlichkeiten ein höheres Anschlagsrisiko besteht. In Fällen dieser Art, in denen der Behörde aufgrund bestimmter Umstände Hinweise auf ein erhöhtes Gefährdungspotential vorliegen, kann sie von dem Veranstalter ein Sicherheitskonzept verlangen, in dem diejenigen Schutzmaßnahmen beschrieben werden, die erforderlich sind, um ein ausreichendes Schutzniveau zu gewährleisten. Das Sicherheitskonzept kann sich in Fällen dieser Art auf Aussagen zu den gefahrerhöhenden Umständen beschränken, muss also vom Umfang her keinesfalls dem Sicherheitskonzept für eine Großveranstaltung entsprechen. Alternativ kann die Ordnungsbehörde auf Grundlage des § 26 Abs. 7 Satz 1 POG auch einzelne Anordnungen zur Gefahrenvorsorge treffen.

Liegen keine konkreten Anhaltspunkte für gefahrerhöhende Umstände vor, können z. B. kleinere Dorf- oder Weinfeste, Umzüge oder Prozessionen ohne Sicherheitskonzept durchgeführt werden. In jedem Fall muss aber dokumentiert werden, dass die Behörde ihren Beurteilungs- und Ermessensspielraum erkannt und sachgerecht ausgeübt hat.

Veranstaltungen, die wie z. B. Umzüge, Lauf- oder Rennveranstaltungen unter einem einheitlichen Motto einen längeren Streckenverlauf haben oder Veranstaltungen, die unter einem einheitlichen Motto an verschiedenen Orten gleichzeitig stattfinden, können auch dann als eine einzige Veranstaltung im Sinne des § 26 POG eingestuft werden, wenn sie verschiedene Einzelevents mit lokal unterschiedlichen Besucheraufkommen beinhalten. Für die Frage, ob eine die Anzeigepflicht auslösende Besucherzahl vorliegt bzw. ob es sich um eine Großveranstaltung handelt, kommt es auf die erwartete Besucherzahl am gesamten geplanten Streckenverlauf an.

Soweit die Veranstaltung die Dienstbezirke mehrerer allgemeiner Ordnungsbehörden berührt, kann die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion zur einheitlichen Wahrnehmung der Aufgabe eine allgemeine Ordnungsbehörde für mehrere Dienstbezirke für zuständig erklären (§ 106 Abs. 3 POG).

Der Anwendungsbereich des § 26 POG ist eröffnet, soweit eine öffentliche Veranstaltung unter freiem Himmel nicht ausschließlich der Versammlungsstättenverordnung unterliegt (§ 26 Abs. 1 POG). Findet eine Veranstaltung nur teilweise in einer Versammlungsstätte statt, ist der Anwendungsbereich des § 26 POG eröffnet. Das 24-Stunden-Rennen auf dem Nürburgring ist hierfür ein Beispiel. Die Motorsportrennstrecke mit ihren Zuschauertribünen ist eine Versammlungsstätte im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 VStättVO. Ebenfalls zur Veranstaltung gehören Zuschauerzonen mit einer Campingmöglichkeit, die sich außerhalb der Versammlungsstätte befinden. Damit findet § 26 POG auf das 24-Stunden-Rennen Anwendung. Für die Frage, ob es sich um eine Großveranstaltung handelt oder eine die Anzeigepflicht auslösende Besucherzahl von mehr als 5.000 Personen erreicht wird, ist die Gesamtbesucherzahl maßgeblich (vgl. LT-Drs. 17/12072, S. 69). Dass der Anwendungsbereich des § 26 POG eröffnet ist (etwa mit der Folge einer Anzeigepflicht gem. § 26 Abs. 1 POG), ändert nichts daran, dass für den Teil der Veranstaltung, der sich innerhalb der Versammlungsstätte abspielt, die Vorgaben der Versammlungsstättenverordnung als dem gegenüber dem Polizei- und Ordnungsbehördengesetz spezielleren Recht gelten (so ergibt sich z. B. die Pflicht zur Vorlage eines Sicherheitskonzepts aus § 43 VStättVO). Für den außerhalb der Versammlungsstätte stattfindenden Teil der Veranstaltung gilt demgegenüber § 26 Abs. 4 oder 5 POG.

Zu dieser Frage sind keine allgemeingültigen Aussagen möglich, da Art und Umfang der Überwachung einer Veranstaltung durch die zuständige Ordnungsbehörde von den Umständen des Einzelfalls abhängen. Die Frage, ob z. B. eine Abnahme des Veranstaltungsgeländes oder Vor-Ort-Kontrollen während der Veranstaltung erforderlich sind, ist zwar im Falle einer Großveranstaltung zu bejahen, hängt im Übrigen aber, d. h. bei kleineren Veranstaltungen, von den jeweiligen Gegebenheiten und deren Gefahrenpotential ab. Bei einem jährlich ohne Besonderheiten stattfindenden kleinen Dorffest sind Vor-Ort-Kontrollen regelmäßig nicht erforderlich.