Islamistischer Terrorismus
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Der internationale Terrorismus bleibt trotz rückläufiger Anschlagszahlen eine Bedrohung. Die größten und gefährlichsten transnational ausgerichteten jihadistischen Terrororganisationen sind weiterhin der „Islamische Staat“ (IS) und „al-Qaida“ (AQ) inklusive ihrer Regionalableger. Zu den zentralen lokal agierenden Organisationen zählen hingegen die „Taleban“ in Afghanistan und Pakistan, „al-Shabab“ mit Schwerpunkt in Somalia sowie „Boko Haram“ mit Schwerpunkt in Nigeria.
Terroranschläge in Europa
Nachdem es insbesondere in den Jahren von 2015 bis 2017 zu mehreren schweren Terroranschlägen gekommen war, unter anderem auf einen zentralen Weihnachtsmarkt in Berlin mit zwölf Todesopfern, ging die Zahl islamistisch motivierter Terroranschläge danach deutlich zurück.
Die meisten Anschläge in Deutschland und Europa in den vergangenen Jahren waren Einzeltäteranschläge. Die größte Bedrohung in Deutschland geht derzeit vor allem von jihadistisch inspirierten oder angeleiteten Einzeltätern sowie Kleinstgruppen mit einfachen und leicht zu beschaffenden Tatmitteln wie Hieb- und Stichwaffen aus.
2024 kam es in Deutschland erneut zu einer Häufung von islamistischen Terroranschlägen.
Terrororganisationen
Der „Islamische Staat“ (IS) spaltete sich 2014 im Zuge eines internen Machtkampfs um die Führungsrolle im syrischen Bürgerkrieg von „al-Qaida“ ab. Vor der Ausrufung des Kalifats 2014 trat die Organisation unter anderem als „al-Qaida im Irak“ (AQI), „Islamischer Staat im Irak“ (ISI) oder „Islamischer Staat im Irak und Syrien“ (ISIS) auf. Ihr ideologisches Fernziel ist die gewaltsame Errichtung des globalen Kalifats. Langjähriger Anführer und erster selbsternannter „Kalif“ der Organisation war bis zu seinem Tod im Jahr 2019 Abu Bakr al-Baghdadi.
Der IS übte auf Jihadisten in der ganzen Welt eine starke Anziehungskraft aus, die auch viele Europäer zu einer Ausreise in sein ehemaliges Kerngebiet in Syrien und Irak veranlasste. Seit März 2019 gilt er dort als militärisch besiegt und hat drei seiner Kalifen verloren ‒ zwei davon im Jahr 2022 (Abu Ibrahim al-Hashimi al-Qurashi und Abu al-Hasan al-Hashimi al-Qurashi).
Viele Mitglieder befinden sich mittlerweile in Gefangenenlagern, hängen aber nach wie vor der Ideologie der Gruppierung an.
Der IS stellt weiterhin eine Gefahr dar
Der IS ist weit über die Grenzen seines ehemaligen Kerngebiets hinaus aktiv und hat Anschläge in mehr als 50 Ländern verübt. Er betreibt eine global ausgerichtete Propaganda, die nach wie vor zu Anschlägen in westlichen Ländern aufruft.
Seine Regionalableger sind äußerst aktiv. Sie werden „Provinzen“ genannt. Bekannte Beispiele sind etwa der „Islamische Staat – Provinz Khorasan“ (ISPK) in Afghanistan oder der „Islamische Staat – Provinz Westafrika“ (ISWAP).
„Al-Qaida“ (AQ, Arabisch für: „die Basis“) ist eine transnational agierende jihadistische Terrororganisation, die Ende der 1980er-Jahre von Usama Bin Ladin und seinem Umfeld gegründet wurde. Ihr Fernziel ist das globale Kalifat. Ihre Ideologie besagt, dass Muslime „den Islam“ gegen feindliche Mächte verteidigen müssten. Ein legitimes Mittel dabei seien Terroranschläge.
Spätestens seit den Anschlägen vom 11. September 2001 und einer Welle weiterer schwerer Terrorattacken versteht sich AQ als jihadistische Avantgarde, die sowohl eigene medienwirksame Anschläge durchführt als auch Einzeltäter oder Kleinstgruppen zu Anschlägen inspiriert. Die Organisation hat weltweit Regionalableger und Unterstützer.
Heute konkurriert AQ mit dem „Islamischen Staat“ (IS), der aus der Regionalstruktur der „al-Qaida im Irak“ (AQI) hervorging, um die Führungsrolle innerhalb der globalen jihadistischen Bewegung. Dabei konnte AQ bis heute kaum von der militärischen Niederlage des IS profitieren.
Die im Dezember 1987 im Gaza-Streifen gegründete HAMAS (Abkürzung für „Harakat al-Muqawama al-Islamiya“ – „Islamische Widerstandsbewegung“) ist eine palästinensische, sunnitisch-islamistische Organisation. Sie ging aus der Muslimbruderschaft hervor und teilt deren Islamverständnis bis heute. Neben politischen und sozialen Aktivitäten verfügt die HAMAS auch über einen bewaffneten Arm, die „Izz ad-Din al-Qassam-Brigaden“.
Seit dem Jahr 2007 kontrolliert die Regierung der HAMAS den Gazastreifen und agiert dort wie ein staatlicher Akteur.
Die Organisation strebt die Errichtung eines islamischen Staates auf dem gesamten Gebiet Palästinas an, das heißt unter Einschluss des Territoriums des Staates Israel, dem sie das Existenzrecht abspricht. Hierbei setzt sie gegen Israel auch militärische und terroristische Mittel ein. Aufgrund dessen befindet sich die HAMAS auf der sogenannten EU-Terrorliste.
Vereinigungen verschleiern die Verbindung zur HAMAS
Sie hat in einer Vielzahl von Staaten, darunter in Deutschland, Aktivitäten und geheime Organisationsstrukturen entwickelt. Die Verbindungen zur HAMAS sind bei den Vereinigungen aus taktischen Gründen nach außen nicht erkennbar.
Grundsätzlich verfolgt die HAMAS hierzulande folgende Ziele:
- Unterstützung der Mutterorganisation in den palästinensischen Gebieten mit Spendensammlungen;
- Festigung des Einflusses auf die palästinensische Diaspora, bewusst auch gegenüber konkurrierenden palästinensischen Gruppierungen;
- Pro-palästinensische Lobbyarbeit in der europäischen Öffentlichkeit.
In Rheinland-Pfalz leben etwa 50 Mitglieder und Anhänger der HAMAS, bundesweit sind es circa 550 Personen (Stand: Ende 2024), die sich für die Organisation und ihre Vorfeldvereinigungen in unterschiedlichem Maße engagieren, beispielsweise durch die aktive Mitwirkung oder die Teilnahme an Kongressen in Deutschland und Europa, die Beteiligung an antiisraelischen Kundgebungen oder die Einstellung von HAMAS-Propaganda im Internet.
Aufgrund des seit November 2023 bestehenden Betätigungsverbots ist jedwede Betätigung für die Organisation, wozu auch die Verwendung und Verbreitung ihrer Symbole gehört, verboten und strafbewehrt.
Die 1982 gegründete „Hizb Allah“ ist eine schiitisch-islamistische Organisation. Sie verfügt in ihrem Heimatland Libanon über einen bewaffneten Arm, der für militärische Auseinandersetzungen mit Israel sowie für die Durchführung von Anschlägen, insbesondere gegen israelische und jüdische Ziele, verantwortlich ist. Im Zeitraum von September bis November 2024 eskalierten die militärischen Auseinandersetzungen zwischen Israel und der „Hizb Allah“. Hierbei wurde die Organisation sowohl personell als auch im Hinblick auf ihre militärische Infrastruktur erheblich geschwächt. Der militärische Arm der „Hizb Allah“ wird auf der sogenannten EU-Terroristenliste geführt.
Die „Hizb Allah“-Anhängerschaft in Deutschland tritt nach außen nur wenig in Erscheinung. Verschiedene Ortsvereine dienen ihr als Anlaufstellen, wobei eine Zugehörigkeit zur „Hizb Allah“ äußerlich in der Regel nicht erkennbar ist. Deutschland stellt für die „Hizb Allah“ einen Raum für logistische und finanzielle Unterstützungsleistungen dar.
Betätigungsverbot in Deutschland
Seit dem Frühjahr 2020 unterliegt die „Hizb Allah“ in Deutschland einem Betätigungsverbot, da die Tätigkeit der „Hizb Allah“ Strafgesetzen zuwiderläuft und sich gegen den Gedanken der Völkerverständigung richtet.
Ebenfalls im „Hizb Allah“-Zusammenhang standen vereinsrechtliche Verbotsmaßnahmen im darauffolgenden Jahr. Sie richteten sich gegen Ersatzorganisationen/Nachfolgevereine des 2014 verbotenen „Hizb Allah“-Spendensammelvereins „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ (WKP).
Neben zwei Vereinen in Niedersachsen war auch ein Verein in Rheinland-Pfalz von dem Verbot betroffen. Es handelte sich um den Verein „Deutsche Libanesische Familie e.V.“ (DLF) mit Sitz in Ingelheim. Dem Verfassungsschutz lagen Anhaltspunkte dafür vor, dass Funktionäre des verbotenen WKP ihre früheren Aktivitäten fortsetzten, das heißt Spendengelder für libanesische Waisenkinder von gefallenen „Hizb Allah“-Kämpfern sammelten und in den Libanon brachten.
Die Exekutivmaßnahmen bewirkten nach hiesigen Erkenntnissen einen Rückgang finanzieller Unterstützungsleistungen für die Organisation. Eine Verbundenheit zur „Hizb Allah“ ist jedoch weiterhin festzustellen, insbesondere bei emotionalisierenden Ereignissen wie der Tötung des langjährigen „Hizb Allah“-Generalsekretärs Hassan Nasrallah durch einen israelischen Luftangriff im September 2024.
Im gesamten Bundesgebiet werden der „Hizb Allah“ ca. 1.250 Personen zugerechnet, in Rheinland-Pfalz rund 100 (2023: ca. 95).