Linksextremismus

Linksextremistische Bestrebungen haben das Ziel, die freiheitliche demokratische Grundordnung abzuschaffen und durch ein kommunistisches oder anarchistisches Gesellschaftsmodell zu ersetzen. Revolutionär-marxistische Organisationen setzen dabei auf traditionelle Konzepte eines langfristig ausgerichteten Klassenkampfes. Anarchisten lehnen jede staatliche Autorität und das Gewaltmonopol des Staates ab; ihr Selbstverständnis ist von der Vorstellung eines freien, selbstbestimmten Lebens in „herrschaftsfreien” Räumen geprägt.

Oft beteiligen sich Linksextremisten an breiten, von zivilgesellschaftlichen Gruppen getragenen Bündnissen und versuchen, diese im Sinne ihrer Bestrebungen gegen „das System“ zu instrumentalisieren. Sorge bereitet die niedrige Hemmschwelle gewaltorientierter Linksextremisten, Gewalt anzuwenden gegen Vertreter des Staates, zum Beispiel Polizeibeamte, und gegen „politische Gegner“.

Dem linksextremistischen Spektrum in Rheinland-Pfalz gehören insgesamt rund 500 Personen an, 120 von ihnen gelten als gewaltorientiert (Stand: Ende 2022).

Gewaltorientierte Linksextremisten, insbesondere Autonome, beeinträchtigen durch zahlreiche Gewalttaten und andere Gesetzesverstöße die Sicherheit in der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Aktionen sind Teil des „antifaschistischen Kampfes“ gegen den verhassten Staat und gegen Rechtsextremisten. Insbesondere Autonome suchen dabei die direkte Konfrontation mit dem „politischen Gegner“.

Protestaktionen gegen rechtsextremistische Aufmärsche nehmen sie zum Anlass, Einsatzkräfte der Polizei als Vertreter des „herrschenden Systems“ zu attackieren. Die Hemmschwelle, Polizeibeamte zu verletzen, ist in den zurückliegenden Jahren an etlichen Orten in Deutschland gesunken. Die Militanz von Autonomen zeigt sich darüber hinaus bei Brandanschlägen gegen Sachen und Infrastruktureinrichtungen.

Die etwa 120 gewaltorientierten Linksextremisten in Rheinland-Pfalz gehören dem Autonomen-Spektrum an.

Die Zahl der politisch links motivierten Straftaten sank um etwa 44 Prozent von 140 im Jahr 2021 auf 79. Die Zahl der in den Straftaten enthaltenen Gewalttaten (ohne Sachbeschädigungen) stieg 2022 auf acht Delikte (2021: vier).

Der sogenannte antifaschistische Kampf ist bei Linksextremisten der Schwerpunkt ihrer politischen Tätigkeit. Allerdings bekämpfen sie nicht nur rechtsextremistische Bestrebungen. Gleichzeitig wollen sie die als „kapitalistisches System“ bezeichnete freiheitliche demokratische Gesellschaftsordnung mit ihren angeblichen faschistischen Wurzeln überwinden.

Vor allem Autonome versuchen rechtsextremistische Aufmärsche, die sie als besondere Provokation empfinden, zu verhindern oder zu stören. Darüber hinaus bemühen sie sich, Bestrebungen von Rechtsextremisten öffentlich – zumeist via Internet – aufzudecken („Outing-Aktionen“). Das Sammeln von Informationen über „rechte“ Strukturen sehen sie als ihre „antifaschistische Aufgabe“ an.

Linksextremisten kritisieren die Situation von Flüchtlingen und Asylbewerbern, indem sie dem Staat eine „rassistische“ und „imperialistische“ Flüchtlingspolitik unterstellen. Diese Kritik verknüpfen sie nicht selten mit weiteren Aktionsfeldern, wie zum Beispiel „Antirepression“ und „Antikapitalismus“. Oftmals geht es gewaltorientierten Linksextremisten aber nur darum, ihre Proteste gezielt eskalieren zu lassen, um polizeiliches Einschreiten zu erzwingen und damit staatlichen Akteuren einen vermeintlich „systemimmanenten“ Rassismus sowie „repressives“ Handeln zu unterstellen.

Linksextremisten nutzen – wie andere Extremisten – das Internet vor allem zur Kommunikation, Mobilisierung, Selbstdarstellung und Vernetzung. Gleichwohl ist im Linksextremismus jedoch ein fast gegenläufiger Trend zur immer stärker dominierenden digitalen Kommunikation zu beobachten. Dies hängt damit zusammen, dass Linksextremisten den digitalen Medien misstrauen, da sie eine „totale Überwachung“ durch den Staat fürchten. Sie bevorzugen eher die unmittelbare Kommunikation vis-à-vis.

Veranstaltungen und Treffen der Szene oder ihr nahestehender Gruppierungen und Organisationen haben deshalb nach wie vor eine starke Bindungswirkung, und eine konspirative Vorgehensweise ist dabei typisch. Wenn (gewaltorientierte) Linksextremisten aber doch Messenger-Dienste nutzen, dann ziehen sie solche vor, die eine anonyme Kommunikation ermöglichen und keine Daten sammeln.

Viele linksextremistische Gruppierungen sind im Internet mit eigenen Seiten präsent. Außer der Selbstdarstellung und Hinweisen wie lokalen Kontaktadressen enthalten sie häufig Programmatisches, Geschichtliches, Informationen zu aktuellen Arbeitsschwerpunkten, Terminhinweise und Links zu Seiten befreundeter Gruppen und Initiativen. So handhaben es auch die rheinland-pfälzischen „Antifa“-Gruppen, die als linksextremistisch eingestuft wurden.

Eine andere Kategorie linksextremistischer Internet-Medien sind themenbezogene Seiten oder Portale, die zu einem bestimmten Anlass informieren und mobilisieren. Häufig werden sie später, wenn das Ereignis vorüber ist, wieder aus dem Netz genommen. So gab es anlässlich des „Tages der deutschen Zukunft“ (TddZ), den Rechtsextremisten um die NPD und die Partei „Die Rechte“ am 6. Juni 2020 in Worms abhielten, einen Blog, auf dem Interessierte Materialien wie Informationen über die gemeinsame Anreise mit dem Zug aus verschiedenen Städten, Kontaktadressen und Verhaltensregeln bei einer möglichen Konfrontation mit der Polizei erhalten konnten. 

Das „Outing“ des politischen Gegners als Teil des linksextremen Antifaschismus

Das „Outing“  tatsächlicher und vermeintlicher Rechtsextremisten sehen gerade Anhänger der autonomen Antifa als eine ihrer Kernaufgaben an. Das Bloßstellen als Rechtsextremist in der Öffentlichkeit soll dabei den politischen Gegner diskreditieren. Letztlich sollen die bloßgestellten Personen so eingeschüchtert und zum Umdenken gezwungen werden. Die 2013 gegründete „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist dabei das Hauptziel von Linksextremisten.

Eine Outing-Aktion der „Antifa Koblenz“ richtete sich gegen die „Identitäre Bewegung Deutschland“ (IBD) und deren Wirken im Raum Koblenz. So trug die „Antifa Koblenz“ im März 2020 auf einer Internetseite unter dem Titel „Nazis aus der Deckung holen – Identitäre Bewegung Koblenz outen!“ ausführlich Informationen über eine Koblenzer Telegram-Chatgruppe zusammen, in der sich neben IBD-Aktivisten auch andere Rechtsextremisten ausgetauscht haben sollen.

Die „Antifa Trier“ fuhr 2020 auf ihrer Internetseite zeitweilig eine sogenannte Spotting-Kampagne („Personen/Gruppe verpetzen – Antifa Trier“). Sie rief dazu auf, rechtsextremistische Personen, NS-Symbole, Autos mit (versteckter) NS-Symbolik und AfD-Mitglieder auf einem standardisierten Online-Formular zu melden. 

Linksextremisten wollen ihre Ideologie möglichst großen Teilen der Öffentlichkeit vermitteln. Gewaltorientierte Autonome wiederum benötigen eine öffentliche Plattform, um Straf- und Gewalttaten gegenüber weiten Teilen der Gesellschaft zu rechtfertigen und um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. Eine solche öffentliche Plattform war bis zu ihrem Verbot im August 2017 das Internet-Portal „linksunten.indymedia“, das unter anderem zur Veröffentlichung von Selbstbezichtigungsschreiben, Bauanleitungen für Spreng- oder Brandvorrichtungen und anderen Texten – immer wieder auch von strafrechtlicher Relevanz – sowie für Aufrufe zu Straftaten genutzt wurde.

Nach dem vom Bundesverwaltungsgericht im Januar 2020 bestätigten Verbot hat sich die Internetplattform „de.indymedia“ zum wichtigsten Informations- und Propagandamedium der linksextremistischen Szene im deutschsprachigen Raum entwickelt.

Die Plattform „de.indymedia“ als Versuch einer „Gegenöffentlichkeit“ 

Gegründet wurde „de.indymedia“ bereits im Januar 2001 in Hamburg als deutscher Ableger des im Dezember 1999 nach Protesten gegen die Welthandelskonferenz in Seattle entstandenen globalen Mediennetzwerks Indymedia. Selbsterklärtes Ziel von „de.indymedia“ ist die Schaffung einer „Gegenöffentlichkeit“ frei von staatlicher Kontrolle. Jeder Nutzer hat die Möglichkeit, über ein Eingabeformular eigene Beiträge anonym und ohne den Zwang zur Registrierung, in Echtzeit und ohne vorherige Kontrolle der Inhalte zu veröffentlichen. Verwaltet werden die Beiträge nach der Veröffentlichung von sogenannten Moderationskollektiven.

Offensichtlich toleriert wird eine Vielzahl von Beiträgen, die einen Bezug zu linksextremistischer Gewalt und Straftaten haben oder selbst strafrechtlich relevant sind. Regelmäßig erscheinen Selbstbezichtigungsschreiben zu teils schweren Straf- und Gewalttaten. Gleichzeitig wird dazu aufgerufen, weitere Taten zu begehen.

Die Beiträge auf „de.indymedia“, die von den „Moderationskollektiven“ nicht unmittelbar entfernt werden, lassen in der inhaltlichen Gesamtschau eindeutig eine verfassungsfeindliche Linie erkennen, welche zur Bearbeitung der Plattform als gesicherte linksextremistische Bestrebung führte.

Linksextremisten wissen, dass nicht zuletzt die Professionalität der „Performance“ im Netz gerade bei jungen Menschen, ihrer bevorzugten Zielgruppe, ein Schlüssel dazu ist, die Deutungshoheit in gewissen politischen Fragen zu erlangen.

Mehr über Linksextremismus erfahren

Weitere Informationen bieten der aktuelle Verfassungsschutzbericht auf den Seiten 133 bis 151 und die Broschüre „Linksextremismus – Ideologien, Akteure, Aktionsfelder”.