10 Jahre „Kombiniertes Studium“ in der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz – ein Erfolgsmodell!
Zusammenfassung
Die Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz (VermKV) sah sich bereits vor zwölf Jahren mit den Folgen des sich abzeichnenden Fachkräftemangels konfrontiert. Die Gewinnung von qualifiziertem Personal im technischen Verwaltungsdienst, der von dieser Entwicklung besonders betroffen war, wurde neben den altersbedingten Abgängen der „Baby-Boomer- Generation“ noch durch die Folgen der Personalabgänge bei der Reform der Vermessungs- und Katasterverwaltung im Jahr 2012 verstärkt.
Vor diesem Hintergrund hat das Land in Kooperation mit der Hochschule Mainz im September 2014 ein Pilotprojekt im vermessungs- und geoinformationstechnischen Dienst gestartet, das den Bachelorstudiengang „Geoinformatik und Vermessung“ an der Hochschule Mainz mit der Laufbahnausbildung für das dritte Einstiegsamt (früher gehobener Dienst) kombiniert. In den zehn Jahren seines Bestehens wurde das Kombinierte Studium stetig weiterentwickelt und hat weit über die Landesgrenzen hinaus einen Vorbildcharakter entfaltet. Mit dem Kombinierten Studium hat sich eine neue Form der Ausbildung im technischen Verwaltungsdienst etabliert, bei der Studium und Praxis eng miteinander verknüpft werden und das für alle Beteiligten eine Win-Win-Situation darstellt. Trotz aller Erfolge ist die Bewältigung von Studium und Vorbereitungsdienst für die Studierenden mit einer hohen Arbeitsbelastung verbunden und erfordert ein gutes Zeitmanagement. Auch für die VermKV stellt die Vermittlung der Ausbildungsinhalte nach der Ausbildungs- und Prüfungsordnung (APO) in der vorlesungs- und prüfungsfreien Zeit und die Koordination der einzelnen Ausbildungs- und Studienabschnitte eine Herausforderung dar.
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Entwicklung des kombinierten Studiengangs von 2014 bis 2024 im Kontext zur Entwicklung in Wissenschaft und Technik
Im Oktober 2014 wurde mit Einführung des Kombinierten Studiengangs in der VermKV der Grundstein für ein innovatives, zeitsparendes und zukunftsfähiges Bildungsmodell gelegt. In einer Arbeitswelt, die zunehmend Flexibilität und spezialisierte Kenntnisse erfordert, hat sich das Modell als zukunftsweisend erwiesen. Das Ziel einer nachhaltigen Nachwuchsgewinnung wurde erreicht. Ein Blick zurück zeigt die Meilensteine, Erfolge und Herausforderungen des rheinland-pfälzischen Studienmodells.
Am 2. Oktober 2024 würdigte das Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz gemeinsam mit der Hochschule Mainz das 10-jährige Bestehen des Kombinierten Studiums in einer feierlichen Veranstaltung in Mainz. Neben Lehrenden der Hochschule und Ausbilderinnen und Ausbildern kamen in einer Gesprächsrunde auch Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs zu Wort.
„Vor zehn Jahren hatten Sie den Mut und das Vertrauen, auf einen Studiengang zu setzen, der damals noch in den Kinderschuhen steckte“, betonte Staatssekretär Daniel Stich in seiner Rede. „In Zeiten, in denen oft kurzfristige Erfolge im Fokus stehen, haben Sie sich entschieden, in ein nachhaltiges Modell zu investieren, das langfristig die Zukunft der Vermessungs- und Katasterverwaltung sichert“.
Er hob hervor, dass das Kombinierte Studium heute als Erfolgsmodell mit Signalwirkung gilt, das durch eine hervorragende Planung, engagierter Umsetzung und in enger Zusammenarbeit vieler Beteiligter entstanden ist. Besonders bedankte sich Staatssekretär Stich bei den Lehrenden der Hochschule Mainz und der Hochschule für öffentliche Verwaltung Mayen, den Praxispartnern und den Ausbildungsbehörden, ohne deren Engagement und Unterstützung dieser Erfolg nicht möglich gewesen wäre.
In einer begleitenden Ausstellung wurde die Entwicklung des Studiengangs eindrucksvoll dokumentiert und Einblicke in einen vielfältigen High-Tech-Beruf mit anspruchsvollen Aufgaben und smarten Lösungen bei der Vermessung und Dokumentation von Eigentum, Grund und Boden in einer technischen Verwaltung und vielen weiteren Bereichen gegeben.
Im Rahmen der „Landesstrategie zur Fachkräftesicherung in Rheinland-Pfalz“ ist die Sicherung des Fachkräfteangebots im Kontext der demographischen Entwicklung ein wichtiges Ziel der Landesregierung. Ein entscheidender Anstoß für die Entwicklung des neuen Studiengangs war der drastische Rückgang der Bewerberzahlen für das dritte Einstiegsamt. Ursächlich waren hier die finanziellen Anreize für Studieninteressierte. Bisher konnte das Studium mit entsprechenden Zugangsvoraussetzungen nur durch eine BAföG-Förderung oder auch durch eine finanzielle Unterstützung der Eltern absolviert werden. Nach dem Studium folgte der Vorbereitungsdienst mit relativ geringen Anwärterbezügen und gleichzeitig waren die BAföG-Darlehen zurückzuzahlen. Diese finanziellen Hürden führten dazu, dass das Studium für Bewerberinnen und Bewerber unattraktiv war. Um dem entgegenzuwirken, wurde beim damaligen Ministerium des Innern, für Sport und Infrastruktur ein Runder Tisch „Nachwuchswerbung in der Geodäsie“ eingerichtet. Unter Federführung des zuständigen Referats Vermessung und Geoinformation wurde unter Beteiligung von Vertreterinnen und Vertreten von Ministerien, Behörden, der Hochschule Mainz, der Berufsschulen, der kommunalen Spitzenverbände und der Fach- bzw. Berufsverbände (BDVI, VDV, BTB, DVW) der Kombinierte Studiengang in Form eines Pilotprojekts entwickelt. Über die Einrichtung und Entwicklung des Studiengangs wurde in der Fachpresse ausführlich berichtet1.
1 ZfV 6/2014 S. n-92 u. n-93, ZfV 2/2018 S 64 ff, VDV magazin 6/2014 S. 525 ff, gis.Business 2018/1 S. 46 u.47, Schriftenreihe DLK Sonderheft 08, 2016 S. 116 ff, BTB magazin 12/2014, AVN 1/2015 S. 39, 40, Nachrichtenblatt Landentwicklung und Ländliche Bodenordnung Heft 56/2015 S. 62 ff
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Studienplan des Studiengangs „Kombiniert studieren“
Das Modell zielt darauf ab, dass begleitend zum dreijährigen Bachelorstudium Geoinformatik und Vermessung mit der Vermittlung wissenschaftlicher Kenntnisse und Methoden, auch die berufspraktischen Fähigkeiten und Kenntnisse als Zugangsvoraussetzung für die Laufbahn des dritten Einstiegsamts im vermessungs- und geoinformationstechnischen Dienst der Laufbahn Naturwissenschaft und Technik in den vorlesungsfreien Zeiten vermittelt werden. Die beiden Qualifikationen werden somit zeitlich parallel und dadurch mit Zeitgewinn absolviert und nach erfolgreichem Abschluss verfügen die Absolventinnen und Absolventen über zwei Abschlüsse, über den Bachelor of Science in Geoinformatik und Vermessung und die Laufbahnbefähigung für das dritte Einstiegsamt im vermessungs- und geoinformationstechnischen Dienst.
Die Vermessungs- und Katasterverwaltung bietet als Arbeitgeberin den Studierenden ein privatrechtliches Ausbildungsverhältnis mit einer finanziellen Unterstützung während der Studienzeit. Mit einem Gehalt in Höhe des Anwärtergrundbetrags, das Netto in etwa dem BAföG-Höchstsatz entspricht, wird den Studierenden eine gute Basis geboten, um sich voll auf ihre akademische und praktische Ausbildung zu konzentrieren – und dies ohne Rückzahlung wie beim BAföG üblich. Darüber hinaus bietet die Vermessungs- und Katasterverwaltung den Absolventinnen und Absolventen nach einem erfolgreichen Abschluss garantierte Übernahmechancen und einen direkten Berufsstart mit klaren beruflichen Perspektiven in einer technischen Beamtenlaufbahn. Diese Perspektiven haben zu einer hohen Resonanz auf das Studienangebot „kombiniert studieren“ geführt. Darüber hinaus wird die Identifizierung der Studierenden mit dem Arbeitgeber während des Studiums durch die Praxiszeiten in den Semesterferien weiter gefördert.
Seit der Einführung des Kombinierten Studiums im Jahr 2014 hat sich dieses Modell als wegweisend für die Nachwuchsförderung in der VermKV für alle Beteiligte erwiesen. Zu Beginn des Kombinierten Studiengangs erhielten die Studierenden eine außertarifliche Leistung in Höhe von rund 860 Euro, die mit den Jahren auf aktuell rund 1.600 € (Stand 02.2025) angepasst wurde – eine Steigerung von mehr als 80 %. Diese außertarifliche Leistung unterstreicht die Bedeutung, die dem Nachwuchs in diesem Bereich zugemessen wird.
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Entwicklung der Bewerberzahlen beim Kombinierten Studium in der VermKV Rheinland-Pfalz
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Entwicklung Einstellungen und der finanziellen Unterstützung beim Kombinierten Studium in der VermKV Rheinland-Pfalz
Die Attraktivität des Studiengangs zeigt sich in der kontinuierlich steigenden Zahl an Bewerbungen. Während in den Anfangsjahren die Anzahl der Bewerbungen schwankte, stieg die Zahl in den Folgejahren deutlich an, sodass sich auch die Anzahl der Einstellungen deutlich erhöhte. In den Jahren von 2014 bis 2024 gingen insgesamt 564 Bewerbungen beim Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation für das Kombinierte Studium ein. Der Studiengang startete zum Wintersemester 2014 mit neun Studierenden; zehn Jahre später wurden bereits 135 Kombiniert Studierende für die Vermessungs- und Katasterverwaltung ausgebildet. Addiert man die Absolventen und Absolventinnen der Flurbereinigung hinzu, die das Kombinierte Studium ein Jahr später angeboten hat, wurden insgesamt 172 Nachwuchskräfte im vermessungs- und geoinformationstechnischen Dienst in den letzten zehn Jahren in Rheinland-Pfalz eingestellt. Lediglich 12 Studierende haben den Studiengang abgebrochen bzw. während des Studiums gekündigt. Das entspricht einer Quote von knapp 7% (12 von insgesamt 172 Studierenden).
Neben der Vermessungs- und Katasterverwaltung und der Flurbereinigungsverwaltung hat auch ein Öffentlich bestellter Vermessungsingenieur (ÖbVI) aus Rheinland-Pfalz von dem dualen Studienangebot Gebrauch gemacht. Die rheinland-pfälzische Berufsordnung der ÖbVI ermöglicht Absolventen eines anerkannten Bachelorstudiengangs nach erfolgreichem Abschluss des Vorbereitungsdienstes für das dritte Einstiegsamt und nach einer Praxisphase von fünf Jahren die Zulassung als ÖbVI. Damit ist der Studiengang auch für den freien Beruf u. a. für die Nachfolgesuche und mögliche Betriebsübernahmen interessant.
Diese Entwicklung der Bewerberzahlen zeigt, dass die Einführung des Kombinierten Studiums im Jahr 2014 ein kluger Schritt in die richtige Richtung war und den veränderten Anforderungen des Arbeitsmarktes, der Digitalisierung und dem steigenden Bedarf an qualifizierten Fachkräften Rechnung trägt. Nach zehn Jahren Erfahrung mit dem Studiengang hat sich gezeigt, dass der stetige Austausch zwischen Hochschule und Behörde in Form eines Wissens- und Technologietransfers ein weiterer positiver Nebeneffekt dieses Studienmodells ist. Damit bleibt auch die Verwaltung stets am „Zahn der Zeit“ und erhält durch gut ausgebildete Nachwuchskräfte frische Impulse zum Stand der Technik.
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Wortwolke „Kombiniertes Studium“
Das rheinland-pfälzische Studienmodell hat sich innerhalb von zehn Jahren zu einem Erfolgsmodell mit Signalwirkung und Vorbildcharakter in ganz Deutschland entwickelt. Eine Erhebung des DVW-Arbeitskreises 1 (Ausbildung) zeigt, dass im Jahr 2018 bereits bundesweit 23 ähnlich konzipierte duale Studiengänge im Bereich des Vermessungswesens angeboten wurden2. Auch in anderen technischen Verwaltungen werden mittlerweile insbesondere in Rheinland-Pfalz ähnliche Studienmodelle angeboten. Diese Entwicklung zeigt die gestiegene Vielfalt und Attraktivität der Ausbildungsangebote und verdeutlicht den wachsenden Wettbewerb zwischen den Studiengängen und Berufsfeldern. Darüber hinaus stehen Behörden als Arbeitgeber im Wettbewerb mit anderen Branchen, die ebenfalls hochqualifizierte Fachkräfte im Bereich Geodäsie, Ingenieurvermessung, Geoinformatik und ähnlichen Feldern suchen, sodass die Konkurrenz um talentierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiver wird. Die Wahlmöglichkeiten für potenzielle Bewerberinnen und Bewerber hat sich deutlich erweitert.
Der Kombinierte Studiengang hat nicht nur zahlreiche Studierende auf ihrem beruflichen Weg begleitet, sondern auch das Studienangebot der Hochschule Mainz nachhaltig bereichert. Gleichzeitig kann die Hochschule Mainz regelmäßig zum Wintersemester mit einer erwartbaren Anzahl an Studierenden im Studiengang Geoinformatik und Vermessung planen. Darüber hinaus wurde der Studiengang von der Hochschule in Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Vermessung und Geobasisinformation organisatorisch und inhaltlich stetig weiterentwickelt. So werden den Studierenden auch neue zukunftsorientierte Wahlpflichtmodule, wie 3D-Stadt- und Gebäudemodelle, Computer Vision sowie die Nutzung Künstlicher Intelligenz und Machine Learning angeboten.
Somit wird der Studiengang einen wichtigen Beitrag dazu leisten auch die zukünftigen Herausforderungen in der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz durch gut ausgebildete Fachkräfte und den Einsatz modernster Technologien zu meistern. Durch die Verzahnung einer technischen Verwaltung mit der Wissenschaft sind beide Bereiche stets „up to date“, treiben gemeinsam Innovationen voran und werden so weiterhin gegenseitig voneinander profitieren.
2siehe gis.Business 1/2018 S. 46 und zfv 2/2018 S. 74
Bildnachweis:
Abb. 1: Zeitstrahl „Entwicklung des kombinierten Studiengangs von 2014 bis 2024 im Kontext zur Entwicklung in Wissenschaft und Technik“ (©LVermGeo 2024); Weitere Grafiken in Abb. 1 (Grafik 1: ©istock 615419978 / Grafik 2: „Bild Mainzer Dom: ©GeoBasis-DE / LVermGeoRP2025, dl-de/by-2-0, www.lvermgeo.rlp.de [Daten bearbeitet]“ / Grafik 3: ©istock 538508185 / Grafik 4: ©vecteezy 1758837 / Grafik 5: ©vecteezy 35973393 / Grafik 6: ©vecteezy 38600839 / Grafik 7: „Open data: Flyer „Open Data – Freie Daten und Dienste der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz“ des Landesamtes für Vermessung und Geobasisinformation“)
Abb. 2: Studiengang „Kombiniert studieren“ (©MdI/VermKV)
Abb. 3: Entwicklung „Bewerberzahlen beim Kombinierten Studium in der VermKV Rheinland-Pfalz“ (©MdI/VermKV)
Abb. 4: Entwicklung „Einstellungen und der finanziellen Unterstützung beim Kombinierten Studium in der Vermessungs- und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz“ (©MdI/VermKV)
Abb. 5: Wortwolke „Kombiniertes Studium“ (©MdI/VermKV)