Rechtsextreme Parteien und Parteistrukturen
Erste rechtsextremistische Parteien haben sich in der Bundesrepublik Deutschland bereits kurz nach deren Gründung 1949 gebildet. Rechtsextremisten nutzen diese Organisationsform allerdings nicht, um wirklich an der politischen Willensbildung und der Gestaltung unserer demokratischen Gesellschaft mitzuwirken.
Vielmehr missbrauchen sie das Parteienprivileg, wonach nur das Bundesverfassungsgericht über deren Verfassungswidrigkeit und gegebenenfalls ein Verbot entscheiden darf, um die freiheitliche Demokratie zu bekämpfen.
Solche Parteien zeigen sich also nur vordergründig an aktuellen gesellschaftlichen und ökonomischen Fragen sowie deren Lösung interessiert. Tatsächlich legen sie es darauf an, Ängste und Ressentiments in der Bevölkerung zu schüren, indem sie gegen Minderheiten, zum Beispiel Asylsuchende, hetzen.
Etwa 215 Personen waren in Rheinland-Pfalz zuletzt Mitglied einer rechtsextremistischen Partei (Stand: 31.12.2023).
Rechtsextreme Parteien und Parteistrukturen in Rheinland-Pfalz
Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat die AfD im Jahr 2021 und die JA bereits 2019 als sogenannte rechtsextremistische Verdachtsfälle eingestuft. Am 8. März 2022 bestätigte das Verwaltungsgericht Köln sowohl die Einstufung der AfD als auch der JA durch das BfV. So liegen nach Ansicht des Gerichts hinreichend gewichtige Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen innerhalb der Partei und ihrer Jugendorganisation vor. Dies habe das BfV in Gutachten und den dazugehörigen Materialsammlungen unter Kontextualisierung der als relevant erachteten Aussagen belegt. Gegen dieses Urteil des VG Köln wiederum legte die AfD Berufung beim Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen ein. Das Oberverwaltungsgericht entschied im Mai 2024 zugunsten des BfV und wies die Berufung der Partei zurück.
Diese Einstufung ermächtigt den Verfassungsschutz, die AfD und die JA auch mit nachrichtendienstlichen Mitteln unter Wahrung des Prinzips der Verhältnismäßigkeit zu beobachten.
Eine Abgrenzung zum offenen Rechtsextremismus spielt innerhalb der Partei mittlerweile kaum noch eine Rolle. So standen die Veranstaltungen der Partei im Jahr 2023 im sogenannten „Zentrum Rheinhessen“ sinnbildlich für diese neue Entwicklung.
Ethnisch-kultureller Volksbegriff widerspricht FDGO
In ihren Verlautbarungen verleiht die AfD einem ethnisch-kulturell geprägten Volksverständnis Ausdruck. Darüber hinaus finden sich fremdenfeindliche Positionen, die in ihrer Gesamtschau eine kontinuierliche pauschale Diffamierung und Verächtlichmachung von Zugewanderten belegen. Auch islam- und muslimfeindliche Positionen werden in zahlreichen Verlautbarungen der AfD und ihrer Repräsentanten vertreten. Zudem liegen Anhaltspunkte für antisemitische Positionen vor.
Die 2013 gegründete, in 16 Landesverbänden organisierte „Junge Alternative für Deutschland“ (JA) ist die offizielle Jugendorganisation der AfD. Der rheinland-pfälzische Landesverband der JA, dem etwa 40 Personen zugerechnet werden, untergliedert sich in vier Regionalverbände (Mittelrhein-Westerwald, Pfalz, Rheinhessen-Nahe und Trier). Diese vertreten die Interessen der JA vor Ort, entfalteten zuletzt aber nur wenige Aktivitäten.
Die Ideologie der JA ist geprägt durch einen ethnisch-kulturellen Volksbegriff, der im Widerspruch zum republikanisch-liberalen Volksverständnis und damit zur freiheitlichen demokratischen Grundordnung steht (Verstöße gegen die Menschenwürdegarantie, das Demokratie- und Rechtsstaatsprinzip). Darüber hinaus finden sich bei ihr vor allem islam- und muslimfeindliche Positionen.
Die rechtsextremistische Partei „Der Dritte Weg“ hat sich im September 2013 gegründet. Bundesvorsitzender ist seit November 2021 Matthias Fischer (Brandenburg). Sein Amtsvorgänger, der ehemalige rheinland-pfälzische NPD-Funktionär Klaus Armstroff, hatte die Partei seit ihrer Gründung geführt. In Rheinland-Pfalz hat sie rund 60 Mitglieder.
Weltanschaulich lehnt sich die Partei eng an das Gedankengut des historischen Nationalsozialismus' an. Eine gedankliche Nähe besteht insbesondere zu dem in der Frühphase der NSDAP aktiven („linken“) sozialrevolutionären Flügel der Partei, der sogenannten Schwarzen Front, dessen Symbol, der mit dem Schwert gekreuzte Hammer, Teil des Logos der Partei „Der Dritte Weg" ist. Das Logo führt den Schriftzug „NATIONAL – REVOLUTIONÄR – SOZIALISTISCH“.
„Der Dritte Weg“ fordert Deutschen Sozialismus
Die ideologischen und politischen Ziele der Partei stehen in einem 10-Punkte-Programm. Dazu zählen unter anderem die „Schaffung eines Deutschen Sozialismus", die „Verstaatlichung sämtlicher Schlüsselindustrien“ und die „Ausweisung von kriminellen und langzeitarbeitslosen Ausländern”. In ihrem Programm schreibt die Partei: „Zur Beibehaltung der nationalen Identität des deutschen Volkes sind die Überfremdung Deutschlands und der anhaltende Asylmissbrauch umgehend zu stoppen. Kriminelle sowie dauerhaft erwerbslose Ausländer sind aus Deutschland stufenweise auszuweisen.“ Im Kern steckt hinter dieser Zielsetzung die biologistische Vorstellung einer „rassereinen“ Volksgemeinschaft. „Ziel der Partei…ist die Erhaltung und Entwicklung der biologischen Substanz des Volkes“, heißt es unter Punkt 7 des Parteiprogramms („Umweltschutz ist Heimatschutz”).
Inhaltlich widmet sich „Der Dritte Weg" überwiegend dem Thema Asyl und Geflüchteten, die pauschal als „kriminelle Ausländer“ bezeichnet werden. Auf ihren Internetseiten fordert die Partei die „Eindämmung der Asylflut und Überfremdung“. Dies dokumentiert ihre fremdenfeindliche, rassistische und nationalistische Haltung. Ihre menschenfeindlichen Ansichten verbreitet sie auch auf Flugblättern und auf Kundgebungen.
Die älteste noch bestehende rechtsextremistische Partei ist „Die Heimat“ (ehemals NPD). In Rheinland-Pfalz hat sie noch rund 100 Mitglieder. Zu ihr zählen die Jugendorganisation „Junge Nationalisten“ (JN), die 2003 gegründete „Kommunalpolitische Vereinigung“ (KPV) und der „Ring Nationaler Frauen“ (RNF), den es seit 2006 gibt.
Das Bundesverfassungsgericht stellte im Januar 2017 fest, dass die damalige NPD ein auf die Beseitigung der bestehenden freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) gerichtetes politisches Konzept vertritt und die bestehende Verfassungsordnung durch einen an der ethnisch definierten „Volksgemeinschaft“ ausgerichteten autoritären Nationalstaat ersetzen will. Ihr politisches Konzept missachtet die Menschenwürde und ist mit dem Demokratieprinzip unvereinbar. Auch arbeitet die Partei „Die Heimat“ planvoll und intensiv auf die Erreichung ihrer gegen die fdGO gerichteten Ziele hin. Allerdings gibt es aktuell keine gewichtigen Anhaltspunkten, dass ihr Handeln erfolgreich sein könnte, weshalb der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts den Verbotsantrag des Bundesrats (Art. 21 Abs. 2 GG) einstimmig als unbegründet zurückwies.
Seit dem Urteil hat sich die Partei ideologisch weiter radikalisiert. Ihr sogenannter völkische Flügel ist größer und bedeutender geworden. Insgesamt hat „Die Heimat“ in den zurückliegenden Jahren allerdings stetig an Bedeutung verloren – auch in Rheinland-Pfalz. Von den ehemals mehr als zehn Kreisverbänden der Partei im Bundesland sind noch drei übrig. Zudem hat sie seit der Kommunalwahl 2019 in Rheinland-Pfalz keinen kommunalen Mandatsträger mehr in ihren Reihen.
Die neonazistische Partei „DIE RECHTE“ gibt es seit 2012. Ende Dezember 2013 gründete sich auch in Rheinland-Pfalz ein Landesverband, der 2016 erstmals Aktivitäten entfaltete. Nach dem Zusammenschluss mit dem saarländischen Verband hat er sich in „Landesverband Südwest“ umbenannt.
Die Partei tritt in Rheinland-Pfalz vor allem mit Aktionen in Rheinhessen in Erscheinung. Dort haben in den vergangenen Jahren mehrere Kundgebungen und Demonstrationen stattgefunden, in denen die Partei ihre Fremdenfeindlichkeit zur Schau stellte, an denen sich zumeist aber nur sehr wenige Personen beteiligten.
In Rheinland-Pfalz gehören ihr seit 2018 konstant etwa 15 Personen an.
Die zunächst parteiunabhängige rechtsextremistische Gruppierung „Neue Stärke“ wurde Mitte 2020 bekannt und entwickelte 2021 Bestrebungen, sich zu einer bundesweiten Organisation aufzubauen. Seit November 2021 tritt sie als Partei auf und weist eigenen Angaben zufolge bundesweit eine dreistellige Mitgliederzahl auf. Seinerzeit wurde auch die Abteilung „Neue Stärke Rheinhessen“ gegründet.
Das „Grundsatzprogramm“ der „Neuen Stärke Partei“ ist vom Gedanken eines biologistisch-völkischen Nationalismus geprägt. Die „deutsche Zukunft“ der „deutschen Familien“ und der „Jugend der Nation“ stehen im Mittelpunkt ihrer Programmatik. Grundrechte sollen nur „deutschen Volksangehörigen“ zuerkannt werden sowie Personen, die die Gesellschaftskonzeption der „Neuen Stärke“ teilen. Auch gegenüber Menschen mit anderer Herkunft oder Religion wird ablehnend agiert. Sie seien die Ursache, weshalb sich das „deutsche Volk in einer heiklen Phase seiner Existenz“ befinde. So werde das Leben der „deutschen Volksseele“ durch Überfremdung und kommunistische Umerziehung massiv bedroht.
In Rheinland-Pfalz gab es seit Ende 2021 gemeinsame Aktionen der „Neuen Stärke Rheinhessen“ mit anderen regionalen Gruppierungen, insbesondere der mittlerweile aufgelösten „Kameradschaft Rheinhessen“. Zuletzt trat die Partei in Rheinland-Pfalz nicht in Erscheinung.
Mehr im Jahresbericht
Weitere Informationen über rechtsextreme Parteien und Parteistrukturen erhalten Sie im Verfassungsschutzbericht 2023 ab Seite 96.