| Kulturelles Erbe

Ebling: Landesmuseum Mainz zeigt Herkunft von Kunst aus NS-Zeit

„Herkunft [un]geklärt. Die Erwerbungen des Altertumsmuseums und der Gemäldegalerie der Stadt Mainz 1933-1945“ – so lautet der Titel einer neuen Ausstellung im Landesmuseum Mainz, die Innenminister Michael Ebling gemeinsam mit der Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse eröffnet hat. Vom 12. April bis 15. September 2024 zeigt das Landesmuseum die Ergebnisse eines mehrjährigen Provenienzforschungsprojekts, das sich mit den rund 375 Erwerbungen des Altertumsmuseums und der Gemäldegalerie der Stadt Mainz beschäftigte. Deren Bestände aus der Zeit des Nationalsozialismus bewahrt das Landesmuseum Mainz auf.
Innenminister Michael Ebling bei der Ausstellungseröffnung.
Innenminister Michael Ebling bei der Ausstellungseröffnung.

„Mit der Erforschung der Herkunft und des unrechtmäßigen Entzugs von Kulturgütern nimmt sich das Landesmuseum Mainz zum wiederholten Male einem sensiblen und ungemein wichtigen Thema an. Das aktive Nachspüren, wo die Werke im eigenen Bestand herkommen und wer die rechtmäßigen Eigentümerinnen und Eigentümer waren oder auch noch sind, ist unverzichtbarer Teil einer verantwortungsvollen Kulturpolitik. Mit der neuen Ausstellung macht das Landesmuseum diese Forschungsarbeit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich. Das Land kommt damit der moralischen Verpflichtung nach, mit dem geschehenem Unrecht offen und transparent umzugehen“, sagte Innenminister Michael Ebling anlässlich der Ausstellungseröffnung.

„Die Ergebnisse, die aufgearbeitet wurden, sind überraschend, beeindruckend, aber auch erschütternd“, so Dr. Heike Otto, die Generaldirektorin der Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (GDKE). Das Landesmuseum Mainz ist Teil der GDKE.

Das Landesmuseum Mainz widmet sich mit seinem Blick auf die Herkunft der Werke indirekt auch der eigenen Geschichte. 1967 entstand es durch den Zusammenschluss von Altertumsmuseum, Gemäldegalerie und Graphischer Sammlung. „So gesehen hat auch die Stadt Mainz ein originäres Interesse an der Provenienzforschung der Kulturgüter, die zum Teil auch heute noch im Besitz der Stadt Mainz sind“, betonte die Mainzer Kulturdezernentin Marianne Grosse.

„Bei den Recherchen haben wir grundlegende Erkenntnisse zur Kunststadt Mainz im Nationalsozialismus gewonnen – ein bisher kaum erforschtes Thema“, so die Kuratorin Dorothee Glawe, die die Provenienzforschung im Landesmuseum Mainz verantwortet. Die Ausstellung geht unter anderem den Fragen nach, was Museen sammelten, welche heute längst vergessenen Sammlerinnen und Sammler in der Stadt lebten, welche Kunsthandlungen vor, während und nach der NS-Zeit florierten und aus welchen Bezugsquellen die Städtischen Sammlungen ihre Kunst erwarben.

„Das Landesmuseum Mainz befasste sich schon in den 1990er Jahren mit der Herkunft seiner Kunstwerke. Damals listeten Mitarbeitende eindeutig aus jüdischem Eigentum beschlagnahmte Kunstwerke auf und veröffentlichten diese Listen mit dem Ziel, die ehemaligen Eigentümerinnen und Eigentümer zu finden“, so Dr. Birgit Heide, Direktorin des Landesmuseums Mainz. In den Jahren 2016 bis 2019 wurde die Herkunft der Bestände im Rahmen eines ersten Forschungsprojekts dann systematisch untersucht. Seit 2019 stehen in einem zweiten wieder vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste geförderten Provenienzforschungsprojekt die Erwerbungen des Altertumsmuseums und der Gemäldegalerie der Stadt Mainz aus den Jahren 1933 bis 1945 im Zentrum der Untersuchungen.

Mit der Ausstellung trägt das Landesmuseum zum Internationalen Tag der Provenienzforschung bei. Im vergangenen Jahr hatten sich allein in Deutschland über 100 Kulturinstitutionen beteiligt und Einblicke in die Erforschung der Herkunft ihrer Sammlungen gegeben. In Deutschland steht dabei vor allem die Zeit des Nationalsozialismus im Fokus, die zu einer grausamen Entrechtung, Verfolgung und Ermordung vor allem der jüdischen Bevölkerung führte. In der Folge gerieten große Mengen an Kunst- und Kulturgütern durch Enteignung und Notverkäufe in Umlauf. Die Dunkelziffer NS-verfolgungsbedingt entzogener Kulturgüter, die sich noch immer in Privatsammlungen, im Kunsthandel und in Museen befinden, ist kaum abzuschätzen.

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