Innenminister Karl Peter Bruch verlieh heute in Mainz im Rahmen einer Feierstunde an sechs Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer den „Preis für Zivilcourage“. Ausgezeichnet wurden Menschen, die Zivilcourage bewiesen und sich im besonderen Maße für andere eingesetzt hatten. Der Preis, der im Zuge der Aufklärungskampagne „Wer nichts tut, macht mit“ entstand, wurde bereits zum neunten Mal vergeben.
Innenminister Karl Peter Bruch verlieh heute in Mainz im Rahmen einer Feierstunde an sechs Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer den Preis für Zivilcourage. Ausgezeichnet wurden Menschen, die Zivilcourage bewiesen und sich im besonderen Maße für andere eingesetzt hatten. Der Preis, der im Zuge der Aufklärungskampagne Wer nichts tut, macht mit entstand, wurde bereits zum neunten Mal vergeben. Die Preisträger legten das vorbildliche Verhalten an den Tag, das den Handlungsvorgaben auf den Scheckkarten der Kampagne entspricht, indem sie
- halfen, ohne sich selbst in Gefahr zu bringen,
- Umstehende zur Mithilfe aufforderten und die Polizei verständigten,
- Täter beobachteten und sich als Zeugen zur Verfügung stellten
- und sich um die Opfer kümmerten.
Zivilcourage ist gefordert, um Gewalt im öffentlichen Alltag, in Schule und Elternhaus aber auch auf der Straße selbstbewusst entgegen zu treten. Zivilcourage heißt daher nicht immer mit großem Einsatz Heldentaten zu vollbringen, kleine Taten sind oftmals schon ausreichend. Bereits zwei Worte: Hört auf bedeuten schon Mut in einfachster Form, betonte der Innenminister bei der Verleihung.
Zivilcourage ist nach Bruchs Auffassung der soziale Mut, die persönliche Meinung frei zu äußern und für seine Werte offen einzutreten: Jeder Einzelne von uns trägt Verantwortung im Alltag, Gewalt öffentlich anzusprechen, nicht weg zu sehen, nicht zu schweigen. Der Staat alleine kann Gewalt nicht aus dem öffentlichen Leben zurückdrängen, so der Minister.
Vielerlei Gründe böten sich den Menschen an, ihre Verantwortung zu verdrängen: Es waren doch noch andere Leute da, die hätten helfen können Ich mische mich nicht in die Angelegenheiten anderer ein Ich hatte keine Zeit und Ähnliches. Aber es müsse nun einmal einer anfangen zu helfen, es müsse jemand die Initiative ergreifen und sich einmischen, man müsse sich die Zeit nehmen und wenn es nur die Zeit für einen kurzen Anruf bei der Polizei sei oder der Versuch, die Aufmerksamkeit anderer Passanten auf das Geschehen zu lenken. Es gibt immer etwas, das man tun kann, so Bruch. Die Menschen, die wir heute ehren, haben nicht weggeschaut, sondern im richtigen Augeblick gehandelt und damit Opfern von Gewalttaten geholfen oder zur Aufklärung erheblicher Straftaten beigetragen. Sie haben gezeigt, wie Zivilcourage praktiziert werden kann. Sie haben nämlich den Mut gefasst, sich einzumischen. Ganz spontan, ohne mit Belohnung oder einer Auszeichnung zu rechnen, sagte Bruch.
Die rheinland-pfälzischen Polizeibehörden sandten 57 Fälle ein, in denen Menschen durch ihre Zivilcourage besonders hervorgetreten sind. Aus diesen Vorschlägen wählte eine Jury unter dem Vorsitz von Staatssekretär Roger Lewentz die diesjährigen Preisträger aus:
Erster Preis
Michael Wilhelm Sicius aus Kaiserslautern
Am 29. März 2008, gegen 18.30 Uhr lauerte ein 37-jähriger Beschuldigter seiner ehemaligen Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in Kaiserslautern an einer Bushaltestelle auf. In der Vergangenheit kam es bereits zu Strafanzeigen der Geschädigten gegen den offenbar aggressiven Beschuldigten. An diesem Abend eskalierte die Situation in der Art, dass der Beschuldigte die Geschädigte mehrfach ins Gesicht schlug, sie mit einem großen Messer (die Geschädigte nannte es ein Samuraischwert) bedrohte, am Hals ergriff und ihr drohte, dass er sie umbringen würde. Herr Sicius, ein zufällig an der Bushaltestelle anwesender Zeuge, erkannte die Situation und stellte sich zwischen sie und den Angreifer; dabei forderte er den Täter auf, die Angriffe zu beenden. Der Beschuldigte bedrohte anschließend auch den Zeugen verbal und mit der Waffe. Daraufhin rief der Zeuge die Polizei an, was den Täter offenbar dazu veranlasste, zu flüchten. Der Zeuge wartete anschließend mit der Geschädigten auf die hinzu gerufene Polizeistreife und beteiligte sich an den folgenden Fahndungsmaßnahmen.
Zweiter Preis
Klaus Georg Wright aus Landstuhl
Am 18. August 2008 wurde durch Herrn Wright telefonisch an die Polizeiinspektion Landstuhl folgender Sachverhalt mitgeteilt: Ihm sei aufgefallen, dass die Rollläden der Nachbarwohnung seit Wochen heruntergelassen seien und man die Familie mit zwei Kleinkindern (1 und 3 Jahre alt) nicht mehr sehen würde. Vor ca. 6 Wochen hätte er das Mädchen der Familie das letzte Mal gesehen. Gemeinsam mit zwei Sozialarbeitern des Jugendamtes sowie einer Mitarbeiterin der Familienhilfe wurde die Wohnung durch Beamte der Polizeiinspektion Landstuhl am Morgen des 19. August aufgesucht. Nach mehrmaligem Klopfen und Klingeln wurde versucht, mit einem Zweitschlüssel in die Wohnung zu gelangen. Plötzlich wurde die Wohnungstür von einer männlichen Person geöffnet. Es wurde ein völlig verwahrloster Wohnraum vorgefunden. Die beiden Kleinkinder der Familie lagen schlafend im Bett neben Müll und Gerümpel. Im Inneren der Wohnung kamen üble Gerüche auf und zahlreiche Insekten waren vorhanden. Lebensmittel waren verschimmelt und überall lagen gebrauchte Windeln auf dem Boden. Die benutzte Toilette wurde nicht gespült. Die Eltern selbst machten einen müden und überforderten Eindruck, waren jedoch sehr uneinsichtig. Das Jugendamt entzog ihnen bis auf weiteres die elterliche Fürsorge.
Dritter Preis
Sven Borninger und Torsten Arnold aus Nieder Kostenz
Am 5. Januar 2008, gegen 21 Uhr, waren die beiden Zeugen im Bereich Nieder Kostenz mit dem Pkw unterwegs. An einer Baustelle in Höhe der Anschlussstelle zur B 50 bemerkten sie mehrere Personen, die sich in verdächtiger Weise an einem Bagger zu schaffen machten. Herr Arnold konnte die Beobachtungen insbesondere auch deshalb zuordnen, weil er beruflich selbst einen solchen Bagger fährt. Die Zeugen informierten daraufhin nicht nur über Handy umgehend die Polizei, vielmehr wendeten sie und fuhren zum Ort ihrer Beobachtung zurück, wo die aufgeschreckten Diebe zwischenzeitlich in einem Transporter die Flucht angetreten hatten. Sie fuhren den Dieben über eine rund 40 Kilometer lange Strecke hinterher und hielten dabei die Polizei ständig auf dem Laufenden. Durch dieses umsichtige Verhalten konnte die Polizei gezielt Einsatzkräfte in Position bringen und die vier bereits mehrfach wegen Eigentumsdelikten auffällig gewordenen Männer festnehmen.
Sonderpreise
Katharina Theresa Grabowski aus Mainz
Katharina Grabowski überzeugte mehrere Mitschüler davon, gegen zwei männliche Mitschüler Strafanzeige zu erstatten, die fast die gesamte Klasse seit Beginn des Schuljahres (2006/2007) regelrecht terrorisierten. Es kam zu mehreren auch gefährlichen Körperverletzungen, Nötigungen, Bedrohungen und einer Erpressung. Die betroffenen Schüler taten sich zusammen und schrieben einen Hilferuf an die Schulleitung, die die Polizei einschaltete.
Während einige der Zeugen/Geschädigten erhebliche Bedenken hatten, eine Aussage bei der Polizei zu machen und zum Teil auch vorgaben, sich nicht mehr genau erinnern zu können, zeigte die Zeugin Grabowski stets Standhaftigkeit und Courage. Ihre Zeugenaussage war die genaueste von allen. Sie gab immer wieder deutlich zu verstehen, dass sie es nicht zulassen könne, dass eine ganze Klasse von zwei Personen regelrecht terrorisiert und unterdrückt werde. Sie zeigte keinerlei Furcht vor möglichen Einschüchterungsversuchen und wusste genau, wie sie sich in einem solchen Fall zu verhalten hat. Der zuständige Jugendsachbearbeiter bemerkte dazu, er habe während seiner gesamten Tätigkeit ein derart mutiges und aufrichtiges Verhalten noch nicht kennen lernen dürfen. Das ist insbesondere beachtenswert, da die Zeugin zum Zeitpunkt des Verfahrens erst 15 Jahre alt war.
Walter Steffen Czubowicz aus Ludwigshafen
Am 8. Januar 2008, gegen 19 Uhr, wollte der Krankenpfleger Walter Steffen Czubowicz nach Arbeitsende an einem Geldautomaten in Bad Dürkheim seinen Kontostand abfragen und Geld abheben. Aufgrund von Veröffentlichungen in der Presse hat er routinemäßig immer den gleichen Geldautomaten benutzt und diesen auf Manipulationen überprüft, bevor er ihn bediente. Deshalb fiel ihm eine Veränderung an einer Verblendung auf, unter der später eine Kamera entdeckt wurde. Er verließ deshalb die Bank, sprach eine ihm nicht näher bekannte Gruppe von Nordic Walkern an, forderte sie auf, die Bank zu bewachen und allen Personen den Zutritt zu verwehren. Anschließend verständigte er von einem Münztelefon die Polizei.
Es stellte sich heraus, dass die Kamera vermutlich bereits ab 4 Uhr in Betrieb genommen und Daten aufgezeichnet wurden. Eine manipulierte Kartenleseeinheit wurde im Geldautomaten entdeckt. Durch das umsichtige und Spuren schonende Verhalten des Zeugen wurde nicht nur ein Vermögensschaden verhindert, es konnte mittlerweile auch eine Spur einer namentlich bekannten Person zugeordnet werden.