Innenminister Karl Peter Bruch verlieh heute im Wappensaal des rheinland-pfälzischen Landtages in Mainz den von Innenminister Walter Zuber gestifteten "Preis für Zivilcourage". Ausgezeichnet wurden Bürgerinnen und Bürger, die Zivilcourage bewiesen und sich im besonderen Maße für andere eingesetzt hatten. Der Preis, der aus der Aufklärungskampagne "Wer nichts tut, macht mit" hervorgegangen war, wurde bereits zum zehnten Mal vergeben. „Der Preis zeichnet Menschen aus, die in Notlagen besondere Zivilcourage gezeigt und sich für andere eingesetzt haben“, so Bruch in seiner Laudatio. Er sei somit zum einen Anerkennung für die Geehrten, andererseits aber auch Beispiel und Ansporn für alle Bürgerinnen und Bürger, Zivilcourage zu zeigen, so Bruch weiter. „Aber was genau bedeutet Zivilcourage? Zivilcourage ist Mut im täglichen Leben, eine unerschrockene Haltung, ein entschlossenes, zupackendes Verhalten im Alltag. Sie hat aber gerade nichts mit falsch verstandenem Heldentum zu tun, niemand muss seine Gesundheit oder sogar sein Leben aufs Spiel setzen. Oft ist es schon hilfreich, andere ebenfalls zum Handeln zu animieren, um Unterstützung zu bitten oder die Polizei zu benachrichtigen“, sagte Bruch. Der Staat allein könne Gewalt nicht aus dem öffentlichen Leben zurückdrängen. „Jeder einzelne muss Bereitschaft zeigen, Verantwortung für andere Menschen zu übernehmen“, so Bruch.
Die 65 Vorschläge, die die Polizeidienststellen und andere Institutionen bei der Leitstelle „Kriminalprävention“ einreichten, belegten allerdings, dass in Rheinland-Pfalz viele Bürgerinnen und Bürger Mut zum Handeln haben. Die Jury, unter dem Vorsitz von Staatssekretär Roger Lewentz, wählte aus den Vorschlägen die diesjährigen Preisträgerinnen und Preisträger aus. Dem Auswahlgremium gehörten an:
- Dr. Andreas Ammer, Vorsitzender Landespräventionsrat,
- Ltd. Kriminaldirektor Lothar Schömann, Polizeipräsidium Mainz,
- Ltd. Kriminaldirektor Wolfgang Hertinger, Landeskriminalamt Mainz und Vorstandsmitglied Landespräventionsrat,
- Generalstaatsanwalt Erich Jung, Vorstandsmitglied Landespräventionsrat,
- Ulrike Eichin, Redakteurin ZDF-Landesstudio RLP und Vorstandsmitglied Landespräventionsrat,
- Sybille Schönherr, Präventionskoordinatorin Ingelheim,
- Dirk Alexander Lude, Leiter des RPR-Studios Rhein-Main.
Die verliehenen Preise (Skulpturen und Bilder gestaltet von der Wiesbadener Künstlerin Marina Coesfeld) sollen den Betrachter zum Nachdenken anregen, welche Spuren er im Leben hinterlassen will. „So einzigartig wie jede der Skulpturen ist auch das mutige Handeln der Preisträger“, betonte der Minister. „Sie haben Profil gezeigt und können stolz darauf sein.“
Ausgezeichnet mit dem ersten Preis für Zivilcourage wurde Heiko Eberding, der durch sein couragiertes Einschreiten einer Frau in lebensbedrohlicher Situation zu Hilfe kam. Herr Eberding wurde Zeuge, wie eine junge türkische Friseurladenbesitzerin im eigenen Geschäft von ihrem Vater plötzlich mit einem Messer attackiert wurde. Die junge Frau erlitt dabei mehrere Stiche in den Oberkörper und die Beine. Der Täter ließ erst von seiner Tochter ab, als Herr Eberding beherzt dazwischen ging und damit mit hoher Wahrscheinlichkeit das Leben der jungen Frau rettete. Unmittelbar nach der Tat konnte der Täter ohne nennenswerte Gegenwehr auf die Straße geführt und von der Polizei festgenommen werden.
Den zweiten Preis für Zivilcourage wurde an Jürgen Stöffler verliehen, der durch sein umsichtiges Verhalten zur Aufklärung eines Tankstellenüberfalls beitrug. Herr Stöffler war als Kunde im Verkaufsraum einer Tankstelle, als ein nervös wirkender Mann den Verkaufsraum betrat und zunächst zwei Packungen Tabak verlangte. Als sich die Verkäuferin zum Regal hin abgewendet hatte, zog der Täter ein Messer und sagte „Geld her“! Die Verkäuferin reagierte zunächst nicht, woraufhin der Räuber sich zur ihr hinter den Tresen begab. Dort bedrohte er zusätzlich die Kollegin der Verkäuferin. So eingeschüchtert, öffnete sie die Kasse und übergab dem Täter das darin befindliche Bargeld. Herr Stöffler wurde Zeuge des Geschehens, griff jedoch zunächst nicht ein. Als der Täter die Räumlichkeit verließ und flüchtete, stieg Herr Stöffler auf sein Motorrad, verfolgte den Täter in sicherem Abstand und informierte die Polizei über den Fluchtweg. Kurze Zeit später konnte der Tankstellenräuber von der Polizei festgenommen und das Diebesgut sichergestellt werden. Durch das überlegte Handeln von Herrn Stöffler wurde eine Eskalation der Situation im Verkaufsraum vermieden. Sein zielstrebiges und umsichtiges Verhalten war für die schnelle Festnahme des Täters entscheidend.
Den dritten Preis für Zivilcourage erhielt Karl Peter Volles, der durch sein Einschreiten bei einer Auseinandersetzung auf der Mühlbacher Kerwe einen Mann vor weiteren tätlichen Übergriffen bewahren konnte. Auf dem Festgelände der Mühlbacher Kerwe war Herr Volles Zeuge, als ein junger Mann auf den Geschädigten einschlug. Der Mann beschimpfte das Opfer, schlug und trat ihn, auch als dieser bereits am Boden lag. Herr Volles eilte zur Hilfe, packte den Schläger am Kragen und zog ihn von dem Opfer weg. Danach kümmerte sich Herr Volles um den im Gesicht völlig entstellten Geschädigten, der stark blutete und nicht ansprechbar war. Die herbeigerufenen Rotkreuzhelfer brachten das Opfer schließlich in ein Krankenhaus.
Die Jury hat sich auch in diesem Jahr für die Vergabe eines Sonderpreises ausgesprochen, den Angelika Dech-Kiemes erhielt, die durch ihr beharrliches Agieren verhinderte, dass eine Frau sich das Leben nahm. „Schneide mir gerade die Pulsadern auf“, las Frau Dech-Kiemes beim Besuch einer Internetplattform. Sie nahm diese Ankündigung ernst und recherchierte im Internet nach Freunden und Verwandten der jungen Frau, die gerade ihren Freitod angekündigt hatte. Als sie auf diesem Wege nicht weiter kam, zögerte sie nicht und rief die Polizei an. Die Beamten nahmen sich des Hinweises an, forschten nach und nahmen Kontakt mit dem Internetanbieter auf. Die Mitarbeiter der Plattform zeigten sich schnell kooperativ, so dass ein richterlicher Beschluss zur Herausgabe des Namens und der Adresse nachgereicht werden konnte. Die Polizei suchte die Wohnung der betroffenen Frau auf und tatsächlich hatte sie versucht, sich die Pulsadern zu öffnen und eine Mischung aus Alkohol, Schlaftabletten und Aufputschmitteln zu sich genommen.
Einen Jugendpreis für Zivilcourage verlieh Minister Bruch an Hendrik und Christian Scheiber sowie Niklas Schäfer, die der Polizei durch ihre aufmerksamen Beobachtungen Hinweise zu einer Fahrerflucht geben konnten. Die beiden Brüder Hendrik und Christian sowie ihr Freund Niklas fuhren mit dem Fahrrad durch die Straßen von Hechtsheim, als sie auf der Höhe eines Einkaufsmarktes anhielten, um eines der Räder aufzupumpen. Dabei sahen sie, wie eine Frau beim Ausparken einen Pkw beschädigte, mit ihrem Begleiter den Schaden begutachtete und dann davonfuhr. Die drei liefen zu einer Passantin, baten sie um Zettel und Stift und notierten sich das Kennzeichen des flüchtigen Fahrzeuges. Diesen Zettel hinterließen sie an dem beschädigten Fahrzeug. Dann fuhren sie zu ihren Eltern und erzählten ihnen die Geschichte. Der Vater der Zwillinge informierte daraufhin die Polizei, die sowohl die Geschädigte als auch den Unfallflüchtigen ermitteln konnte.
Einen weiteren Jugendpreis erhielten Darlene Ballnus und Kevin Handke, die durch ihre Beobachtungen der Polizei ebenfalls Hinweise zur Aufklärung einer Straftat geben konnten. Darlene und Kevin hatten beobachtet, wie sich zwei Männer am Bahnhof in Bobenheim-Roxheim an mehreren dort geparkten PKW zu schaffen machten. Da ihnen dies merkwürdig vorkam, teilten die beiden Kinder der Polizei telefonisch mit, was sie gesehen hatten. Die kurze Zeit später eintreffende Polizei konnte die verdächtigen Personen antreffen und kontrollieren. Hierbei räumten die Verdächtigen ein, Drogenkonsumenten zu sein, einer der Betroffenen führte auch Heroin mit sich. Es war wohl geplant, durch Autoaufbrüche den Drogenkonsum zu finanzieren.