Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil vom 3. Juli 2008 das derzeitige Wahlsystem für Bundestagswahlen wegen des Effekts des so genannten „negativen Stimmgewichts“ für verfassungswidrig erklärt. Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber eine Frist bis Juni 2011 gesetzt, dieses Problem zu lösen. „Inzwischen ist es Oktober 2011. Abgesehen von der Frage, wie gut oder schlecht der Auftrag des Bundesverfassungsgerichts gelöst wurde, haben wir schon jetzt einen beträchtlichen verfassungspolitischen Schaden zu beklagen“, so Lewentz. Denn einerseits verfüge die Bundesrepublik seit dem 1. Juli über kein verfassungs-konformes Wahlrecht mehr, zum anderen sei das Gesetz nicht von einer breiten politischen Mehrheit im Bundestag beschlossen worden. „Ein Konsens in dieser wichtigen Frage sollte für uns alle elementar sein“, so Lewentz weiter.
Rheinland-Pfalz übe an dem Gesetz aber nicht nur Kritik, weil es verspätet beschlossen wurde und von keiner breiten Mehrheit im Deutschen Bundestag getragen werde. „Wir halten auch den Inhalt des Gesetzes für sehr unbefriedigend“, sagte der Minister. „Das Gesetz ist verfassungsrechtlich bedenklich, weil es den Effekt des negativen Stimmgewichts allenfalls reduziert und das Problem der Überhangmandate nicht löst. Überhangmandate führen zu einer Verzerrung der Erfolgswertgleichheit der abgegebenen Stimmen und begünstigen die großen Parteien. Darüber hinaus bewirken die mit dem Gesetz beschlossenen Änderungen, dass das derzeit schon komplizierte Bundestagswahlrecht nicht einfacher und verständlicher, sondern noch weniger nachvollziehbar wird. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Urteil ‚das für den Wähler kaum noch nachvollziehbare Regelungsgeflecht der Berechnung der Sitzzuteilung im Deutschen Bundestag auf eine neue, normenklare und verständliche Grundlage zu stellen‘, wird damit nicht erfüllt“, so Roger Lewentz.
Rheinland-Pfalz hat einen Entschließungsantrag initiiert, in dem die schwerwiegenden Bedenken zusammengefasst sind. Lewentz: „Wir gehen davon aus, dass dieser Antrag von der A-Länder-Seite unterstützt wird.“
Hinweis: Innenminister Lewentz ist derzeit mit einer Delegation im rheinland-pfälzischen Partnerland Ruanda und kann deshalb morgen im Bundesrat nicht reden, an seiner Stelle spricht Staatsministerin Margit Conrad.