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Lewentz: Mit Anreiz bei Trassenpreisen zu weniger Bahnlärm

Eine spürbare und möglichst rasche Entlastung auch des Mittelrheintals von Güterverkehrslärm ist nach Überzeugung von Infrastrukturminister Roger Lewentz in erster Linie über ein lärmabhängiges Trassenpreissystem möglich. „Es muss umgehend ein System eingeführt werden, das die Eisenbahnen wirksam zur Umrüstung mit bereits verfügbarer Technik anreizt und den Bahnlärm auch tatsächlich bis 2020 halbiert“, forderte Lewentz in Mainz bei der Vorstellung einer Studie zur schnellen Umrüstung von Güterwagen auf lärmmindernde Bremssohlen. Das von Bundesverkehrsministerium und Deutsche Bahn geplante System werde diesem Anspruch in keiner Weise gerecht.

„Das geplante Trassenpreissystem des Bundes wird nicht greifen, weil es nicht genug  Anreiz bietet und auf eine Technik setzt, die mindestens bis Ende 2014 aller Voraussicht nach noch gar nicht im alltäglichen Güterverkehr eingesetzt werden kann“, betonte der Minister. Die Ergebnisse der Studie belegten, dass mit einem vom Bundesrat auf Initiative von Rheinland-Pfalz vorgeschlagenen Umrüstungsmodell  rascher und wirkungsvoller Fortschritte im Kampf gegen den Güterverkehrslärm zu erzielen wären und gleichzeitig geringere Verwaltungskosten anfielen.

„In unserer Studie werden viele Optionen untersucht, den Anreiz zur Umrüstung zu setzen. Zwei der Optionen werden als besonders geeignet herausgearbeitet“, so die Gutachter Dr. Gottfried Ilgmann und Klemens Polatschek vom Beratungsbüro IMP. „Eine der beiden Optionen ähnelt sehr dem Modell, das Rheinland-Pfalz für den Bundesrat erarbeitet hat. Die andere Option wirkt wie eine Direktförderung auf Nach-weis von Laufleistungen“, erläuterte der Gutachter. Allerdings sind Direkt-förderungen nach europäischem Beihilferecht grundsätzlich problematisch und in ihrer Höhe so begrenzt, dass der Anreiz nicht ausreicht. Dazu enthält die Studie Hinweise auf das voraussichtliche Verhalten der Wagenhalter und Eisenbahnunternehmen. Diese sind für die Konzeption eines funktionierenden Modells unverzichtbar.

Laut IMP-Studie soll ein Anreiz gesetzt werden, dass die Güterwagen innerhalb von sieben Jahren umfassend auf die K-Sohle umgerüstet werden. Falls in dieser Zeit die LL-Sohle zugelassen werden sollte, wäre dies ein zusätzlicher Profit. Die restliche Umrüstung würde billiger und könnte noch schneller erfolgen. Die Umrüstung auf die LL-Sohle bereits ab Dezember 2012 zu unterstellen ist völlig unrealistisch. „Die Bewohner des Rheintals können nicht mit Verweis auf dieses unbestimmte Ereignis vertröstet werden“, sagte der Minister.

Bundesverkehrsministerium und DB wollten zwar ebenfalls einen Anreiz setzten, die Güterwagen umzurüsten, sagte Ilgmann. Beide gingen allerdings davon aus, dass die LL-Sohle in Kürze zugelassen werde. Entsprechend niedrig seien in der Eckpunktevereinbarung die Anreize gesetzt in Form eines Bonus von 0,28 Cent pro Achskilometer für umgerüstete Güterwagen. Dieser Bonus reiche als Anreiz keinesfalls aus, um auf die bereits zugelassene K-Sohle umzurüsten. Doch auch eine jetzt offenbar geplante Erhöhung des Bonus auf 0,7 Cent pro Achskilometer würde die Umrüstung nicht wie vom Bund angekündigt Ende 2012 beginnen lassen, weil die Technik dafür  bis dahin gar  nicht zugelassen sein wird.

Zum Hintergrund:

Güterwagen leiser zu machen, bedeutet, die konventionellen Bremssohlen aus Grauguss zu ersetzen durch Sohlen, die die Laufflächen der Räder nicht mehr aufrauen. Wagen mit glatten Rädern machen beim Fahren deutlich weniger Lärm. Es stehen zwei Alternativen zu Verfügung:

1. K-Sohle – K steht für Komposit. Es handelt sich um eine Kombination aus Metallfasern und Kautschuk-Harzverbindungen. Diese Bremse wird seit ein paar Jahren beim Neubau von Güterwagen verwandt. Eine nachträgliche Umrüstung vorhandener Wagen ist teuer, weil auch die Bremsanlage angepasst werden muss.

2. LL-Sohle – Es handelt sich auch um eine Komposit-Bremssohle, aber mit geringerem Reibwert (LL für low low). Die Umrüstung ist vergleichweise preiswert, weil nur die Bremsklötze ausgetauscht werden müssen. Die LL-Sohle ist aber nicht zugelassen. Sie darf trotz vom Bund geförderter intensiver Forschung bisher nur zu Versuchszwecken eingesetzt werden (bei engen Prüfungsintervallen). Wann die Zulassung erfolgt ist offen, so der Bericht der UIC (Internationaler Eisenbahnverband). 

Das Gutachten ist angefügt:

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