„Die umfassende Bekämpfung rechtsextremistischer Umtriebe in der Gesellschaft hat für die Landesregierung eine sehr hohe Priorität. Die Corona-Pandemie hat sich im vergangenen Jahr gleich in mehrfacher Hinsicht auch auf die Bekämpfung des Rechtsextremismus ausgewirkt und alle Akteure vor neue Herausforderungen gestellt“, sagte Innenminister Roger Lewentz zur Vorstellung der Bilanz der beim Innenministerium angesiedelten Präventionsagentur gegen Extremismus im Ministerrat.
Im Zuge der Pandemie hätten die Bedrohungen durch Feinde der Demokratie zugenommen, neue seien entstanden. So habe sich eine neue Art extremistischer Demokratiefeindlichkeit gebildet, die sich nicht in die gängigen Extremismusbereiche einordnen lasse. Außerdem seien antisemitische Stereotype und Narrative durch Extremisten, aber auch aus der Mitte der Gesellschaft stärker als in den Jahren zuvor verbreitet worden.
„Der Bekämpfung jedweder Form von Antisemitismus kommt ein besonderer Stellenwert bei der Rechtsextremismus-Prävention zu“, hob Innenminister Lewentz angesichts der jüngeren politischen Lageentwicklung hervor. Eine „Dokumentations- und Koordinierungsstelle Antisemitismus“ sei beim Verfassungsschutz neu eingerichtet worden.
Zugleich bedurfte die Umsetzung von Maßnahmen pandemiebedingt neuer Wege und Ansätze, insbesondere im virtuellen Raum. Beispiele waren der „15. Demokratie-Tag Rheinland-Pfalz“, der vom 4. bis 6. November 2020 ausschließlich Online stattfand und trotzdem eine Vielzahl von Diskussionsrunden, Workshops und Infoständen bot, oder die Weiterentwicklung digitaler Ansätze in der Gedenkarbeit in Form von virtuellen Rundgängen durch die Gedenkstätten in Osthofen und Hinzert.
Aufgrund der im Zuge des Corona-Protestgeschehens verstärkten Versuche von Rechtsextremisten, dieses zu instrumentalisieren und Anschluss an bürgerliche Kreise zu finden, kommt dem Feld der Prävention eine umso höhere Bedeutung zu. Diese ist unverzichtbarer Bestandteil des vielschichtigen Maßnahmenbündels des Landes gegen Rechtsextremismus und wird weiterhin im engen Zusammenwirken von Staat und Zivilgesellschaft betrieben. Ein Beispiel ist die Kampagne „Miteinander Gut Leben – Rheinland-Pfalz gegen Hass und Hetze“, die im Frühjahr 2020 startete.
Einen hohen Stellenwert bei der Rechtsextremismus-Prävention in Rheinland-Pfalz haben die Demokratieförderung und Partizipation. „Mit Blick auf die Demokratieförderung sind wir durch das ‚Bündnis Demokratie gewinnt!‘ mit mehr als 60 Mitgliedern bestens aufgestellt“, so Lewentz. Ein Beispiel für Partizipation und die Einbindung der Zivilgesellschaft war der Landesaktionsplan gegen Rassismus und Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit, der im November 2020 vorgestellt wurde und an dem mehr als 80 Akteure aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft mitgewirkt haben.
„Die Stärke einer Demokratie und ihr Umgang mit demokratiefeindlichen Tendenzen hängen ganz entscheidend von den Menschen ab, die sich für sie einsetzen. In Rheinland-Pfalz leisten wir mit präventiven Ansätzen in der Jugendarbeit, mit der Vielfalts- und Demokratieförderung und mit etablierten Beratungsstrukturen wichtige Beiträge um Menschen zum Widerspruch gegen demokratiefeindliche Ideologien zu ermutigen und bei Betroffenheit von rechter, antisemitischer und rassistischer Gewalt zu unterstützen“, so Familienministerin Katharina Binz.
„Rechtsextremismus-Prävention in Rheinland-Pfalz ist wirkungsvoll, weil sie auf gewachsenen, eng vernetzten Strukturen aufbaut“, betonten Lewentz und Binz. Dies gelte nicht zuletzt für die vielen Beratungs- und Hilfsangebote, wie Aussteigerprogramme, die Opferberatung und das Beratungsnetzwerk gegen Rechtsextremismus. Das beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung angesiedelte „Demokratiezentrum Rheinland-Pfalz“ habe diesbezüglich auch 2020 eine hervorzuhebende Koordinationsarbeit geleistet und das Angebot mit eigenen Veröffentlichungen und Veranstaltungen ergänzt.
„In einer demokratischen Gesellschaft gilt es, menschen- und demokratiefeindlichen Ideologien und Bewegungen entgegenzutreten. Präventions-, Beratungs- und Bildungsarbeit machen Menschen im demokratischen Denken und Handeln stark und sensibilisieren sie gegen Ideologien des Ausschlusses und der Ungleichwertigkeit. Präventive Ansätze der Jugend, Vielfalts- und Demokratieförderung sind daher für uns wichtige Grundpfeiler der Arbeit gegen Rechtsextremismus.“
Die Präventionsagentur gegen Extremismus ist beim Verfassungsschutz eingerichtet. Sie existiert seit 2008 und hieß bis zur Umbenennung 2017 Präventionsagentur gegen Rechtsextremismus.