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Bahnlärm-Konferenz: Schneller leiser im Mittelrheintal

Bahnkunden und Wirtschaft einen gut funktionierenden Schienenverkehr bieten und gleichzeitig die berechtigte Forderungen der Bevölkerung nach einem angemessenen Schutz vor Bahnlärm berücksichtigen: Mit diesem Ziel haben Teilnehmer einer gemeinsamen Veranstaltung der Bundesländer Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen mit der Schweiz unter dem Slogan „schneller leiser“ in der Stadthalle Lahnstein über eine spürbare Verringerung des Schienenlärms diskutiert. Der rheinland-pfälzische Infrastrukturminister Roger Lewentz, die Abteilungsleiterin Mobilität des nordrhein-westfälischen Verkehrsministeriums, Karin Paulsmeyer, und der Schweizer Botschafter Tim Guldimann als Gastgeber waren sich mit Experten und Bürgervertretern einig, dass der Lärmschutz deutlich ausgebaut werden müsse, da Lärm der Gesundheit schade.

Mehr als 150 Interessierte aus Politik, Verwaltung und der Bahnbranche waren der Einladung gefolgt und führten eine lebhafte Diskussion mit den vom Schienenlärm betroffenen Bürgerinnen und Bürgern. Anwohner der Schienenstrecken fürchten vor allem, dass die geplanten Investitionen in die Schieneninfrastruktur des Rheinkorridors die Lärmsituation in den Ortslagen entlang der links- und rechtsrheinischen Schienenstrecken noch verschärfen werden.

In der Schweiz sei diese Problematik lange bekannt, so Botschafter Guldimann. Aufgrund ihrer geographischen Lage in der Mitte Europas habe sein Land einen enormen Transitverkehr zu bewältigen. Um den sensiblen Naturraum der Alpen und ihre Bevölkerung zu schützen, hat die Schweiz neue Lärmgrenzwerte beschlossen, die ab 2020 Fahrten mit unsanierten Güterwagen faktisch verbieten.

„In der Schweiz haben wir die Erfahrung gemacht, dass der Lärmschutz für die betroffenen Anwohner eine sehr wesentliche Voraussetzung ist, dass Ausbauten der Bahn akzeptiert und unterstützt werden", betonte Guldimann: „Deswegen hat das Schweizer Parlament mit überwältigender Mehrheit dem faktischen Verbot der Graugusssohlenbremsen zugestimmt.“

Die Verkehrsministerien von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz begrüßten die Schweizer Maßnahmen ausdrücklich. Abteilungsleiterin Paulsmeyer äußerte die Hoffnung, dass bei erkennbaren raschen Fortschritten bei der Lärmverminderung direkt an der Quelle - also an den Fahrzeugen - Betriebsbeschränkungen oder einschneidende gesetzgeberische Regelungen mit weitreichenden Folgen für die Wirtschaft und den Staatshaushalt vermieden werden könnten. „Die Umwelt- und Verkehrsminister der Länder Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und Baden-Württemberg haben deshalb in einem gemeinsamen Brief an Bundesverkehrsminister Dobrindt eine Arbeitsgruppe vorgeschlagen, um technische Maßnahmen zur Verringerung der Spitzenpegel voranzubringen", so Paulsmeyer.

Minister Lewentz zeigte sich enttäuscht über die bisherigen Ergebnisse der europäischen Politik gegen Bahnlärm. „Bisher löst eine Untersuchung nur die andere ab und die Konsultationen folgen aufeinander ohne sichtbare Konsequenzen. Besonders enttäuschend war die Überarbeitung der technischen Vorgaben der so genannten TSI-Lärm. Anders als angekündigt sind Bestandsgüterwagen weiter nicht erfasst und Lärmgrenzwerte nicht entsprechend dem Stand der Technik abgesenkt. Auch die in Aussicht gestellten europäischen Fördermittel sind wohl nur ein Alibi, denn als Beihilfen dürfen sie nur einen Teil der Mehrkosten abdecken", so Lewentz.

Zurückhaltend kommentierten die Minister die im Entwurf vorliegenden Ergebnisse des vom Beirat „Leiseres Mittelrheintal" in Auftrag gegebenen Gutachtens zu weiteren ortsfesten Lärmschutzmaßnahmen. Die von vielen erhofften zusätzlichen Effekte zur Schienenlärmreduzierung werden wohl nicht in dem zur Befriedung des Rheintales notwendigen Umfang erreicht werden. „Nachdem es bereits drei Lärmsanierungsdurchgänge im Mittelrheintal gegeben hat, war meine Hoffnung hier auch von Beginn an nicht sehr ausgeprägt", sagte Lewentz. Der gemeinsame Appell richtete sich an Bund und Bahn, die geweckten Hoffnungen auch durch entsprechende Finanzierungsbeschlüsse zu stützen. „Die Verantwortlichkeiten sind gesetzlich klar geregelt. Es entspricht auch dem Verursacherprinzip, wenn die Kosten des Lärmschutzes an Eisenbahnfahrzeugen und -strecken mehr vom Bahnsektor und weniger vom Steuerzahler aufgebracht würden“, so Minister Lewentz und Abteilungsleiterin Paulsmeyer. Der Schutz der Bürgerinnen und Bürger vor Schienenverkehrslärm dürfe nicht mehr nur dem Bahnsektor überlassen bleiben. Aufgrund der unbestrittenen Gesundheitsschädlichkeit durch Lärm muss sich gerade auch auf europäischer Ebene die Gesundheitspolitik verstärkt mit der Problematik befassen.

Einhellig waren Teilnehmer der Veranstaltung der Meinung, dass das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit auf europäischer Ebene stärker in den Vordergrund geschoben werden muss.

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