| Polizei- und Ordnungsbehördengesetz (POG)

Ministerrat billigte Entwurf zur Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes

„Der Polizei müssen in Zeiten neuer Gefahrenlagen durch zum Beispiel den internationalen Terrorismus und die organisierte Kriminalität, vor allem aber wegen der zunehmenden Nutzung moderner Informations- und Kommunikationstechniken neue Kompetenzen eingeräumt werden“, sagte Innenminister Karl Peter Bruch im Anschluss an die Ministerratssitzung heute, in der das Landeskabinett den Entwurf zur Novellierung des Polizei- und Ordnungsbehördengesetztes billigte. „Der vorgelegte Gesetzesentwurf stellt meines Erachtens eine ausgewogene Balance dar zwischen den schützenswerten Freiheitsrechten aller und dem berechtigten Sicherheitsbelangen des Staates und jedes einzelnen Bürgers.“

Schwerpunkte der Novellierung sind folgende Aspekte:

1. Bisher ließ das POG ausschließlich bei Vorliegen einer engen sozialen Beziehung Aufenthalts-, Kontakt- und Näherungsverbote dann zu, wenn einer Person Gewalt drohte. Zukünftig stehen diese Befugnisse der Polizei bei entsprechenden Gefahrenlagen auch dann zu, wenn eine enge soziale Beziehung nicht zwischen Opfer und Täter besteht.

2. Die Ermächtigung zum automatisierten Kfz-Kennzeichenabgleich wird aufgehoben.

3. Die bisherigen Befugnisse der Polizei im Rahmen der Telekommunikationsüberwachung werden um die so genannte Quellen-Telekommunikationsüberwachung ergänzt. Durch diese Befugnis kann zukünftig verschlüsselte Internettelefonie überwacht werden. Diese Maßnahme setzt grundsätzlich eine richterliche Anordnung voraus.

4. Die Polizei wird zur Unterbrechung oder Verhinderung der Telekommunikation ermächtigt, um dadurch Gefahren für besonders wichtige Rechtsgüter wie Leib und Leben oder Freiheit einer Person abwehren zu können. Wie zum Beispiel bei den Anschlägen in Madrid 2004, bei denen Bomben ferngesteuert über ein Mobilfunkgerät gezündet wurden. Diese Maßnahme setzt grundsätzlich eine richterliche Anordnung voraus.

5. Die Ermächtigung zur Rasterfahndung wird neu gefasst und damit den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts vom April 2006 Rechnung getragen. Das Gericht hatte zum nordrhein-westfälischen Polizeigesetz entschieden, dass die Rasterfahndung nicht bereits im Vorfeld einer konkreten Gefahr zulässig sei. Mit der Änderung des POG wird klargestellt, dass die Rasterfahndung künftig nur zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder Landes oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person zulässig ist.

6. Das POG sieht im Hinblick auf zeugnisverweigerungsberechtigte Berufsgeheimnisträger weitergehenden Schutz als das BKA-Gesetz vor. Während das BKA-Gesetz regelt, dass Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten eine Auskunft auf eine polizeiliche Befragung nicht verweigern dürfen, wenn es um die Abwehr von Gefahren für hochrangige Rechtsgüter geht, sieht der vorgelegte Gesetzentwurf einen absoluten Schutz der Berufsgeheimnisträger vor.

7. Die Polizei erhält die Befugnis zum verdeckten Zugriff auf informationstechnische Systeme (so genannte Online-Durchsuchung), um personenbezogene Daten zu ermitteln. Das Internet wird zunehmend zur Vorbereitung von polizeirelevanten Gefährdungslagen genutzt. Dies betrifft nicht nur terroristische Bedrohungsszenarien, sondern auch andere Fälle wie zum Beispiel Geiselnahmen oder Tauschbörsen mit kinderpornographischen Darstellungen.

„Für eine erfolgreiche Gefahrenabwehr ist es unerlässlich, dass die Methoden der Sicherheitsbehörden mit den technischen Möglichkeiten der Terroristen und Kriminellen Schritt halten“, erklärte Bruch. Allerdings betont Bruch auch, dass das Recht der Bürger auf Privatsphäre auf jeden Fall geschützt werde. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Online-Durchsuchung berücksichtigten selbstverständlich die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts. „Wegen ihrer besonderen Schwere unterliegen solche Eingriffe daher engen Grenzen und sind auf die Abwehr erheblicher Gefahren und schwerster Straftaten beschränkt.“, unterstrich der Minister weiter. Denn nicht nur die gesetzlichen Voraussetzungen seien hoch angesetzt, auch die für eine solche Maßnahme zu treffenden Vorbereitungen seien außerordentlich zeitintensiv und komplex, so dass die Online-Durchsuchung voraussichtlich nur höchst selten zur Anwendung kommen werde. Außerdem bedürfe die Maßnahme regelmäßig der richterlichen Anordnung, so Bruch.

Rheinland-Pfalz sei damit das erste Bundesland nach Inkrafttreten des BKA-Gesetzes zum 1. Januar 2009, dass die gesetzliche Zulassung einer Online-Durchsuchung anstrebe (in Bayern bereits 2008 gesetzlich zugelassen). „Ich halte das für den richtigen Weg, um in außergewöhnlichen Gefahrenlagen handlungsfähig sein zu können. Fest steht, die Maßnahme hat absoluten Ausnahmecharakter, dass zeigen auch die Erfahrungen in Bayern und auf Bundesebene. Bis Ende des Jahres 2009 gab es weder auf der Grundlage des BKA-Gesetzes noch auf der Grundlage des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes eine Online-Durchsuchung“, führt Bruch weiter aus.

Nach Billigung durch das Kabinett beginne nun das Beteiligungs- und Anhörungsverfahren (§ 28 und 29 GGO), mit der zweiten Befassung des Kabinetts sei im Juni 2010 zu rechnen, stellte Bruch abschließend in Aussicht.

#Themen

News

Teilen

Zurück