| Verfassungsschutzbericht 2018

Gefahr für Innere Sicherheit erfordert große Wachsamkeit

„Die Bedrohung der Inneren Sicherheit durch Terrorismus, Extremismus und Spionage hält unvermindert an und fordert uns alle heraus“, betonte Innenminister Lewentz bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2018. Eine ganze Reihe von aktuellen Entwicklungen müsse mit Sorge beobachtet werden.
Innenminister Roger Lewentz und der Leiter des Verfassungsschutzes Elmar May bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2018
Innenminister Roger Lewentz und der Leiter des Verfassungsschutzes Elmar May bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts 2018

Im März dieses Jahres wurde mit dem Terroranschlag von Christchurch in Neuseeland eine neue Eskalationsstufe erreicht. „Die verabscheuungswürde Tat eines einzelnen mutmaßlichen Rechtsextremisten, der sich offenkundig systematisch selbst radikalisierte, hat Signalwirkung auch für die Sicherheitslage in Europa und damit in Deutschland“, so Lewentz. Zum einen bestehe die Gefahr, dass sich andere Rechtsextremisten weiter radikalisierten oder zur Ausübung von Gewalttaten inspirieren ließen. Zudem motivierten solche Taten Islamisten zu Vergeltungsaktionen, wie die verheerenden Anschläge gegen Kirchenbesucher und Hotelgäste in Sri Lanka dokumentierten. Daher müsse alles getan werden, dass sich die Eskalationsspirale nicht weiter drehe.

„Wir müssen besonders aufmerksam sein und jeden Ansatz terroristischer Gewalt, egal welcher politischen Motivation, verfolgen und rechtzeitig unterbinden“, unterstrich Lewentz. Die Tat von Christchurch wurde über die sozialen Medien in Echtzeit propagandistisch inszeniert; die Bilder verbreiteten sich weltweit und fanden einen Resonanzboden. „Dies ist Ausdruck einer hochdynamischen Entwicklung, denn Terroristen und Extremisten nutzen die vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Welt intensiv und wirkungsvoll“, konstatierte Lewentz. Fake News, Hetze und Beeinflussung seien an der Tagesordnung und damit die Übergänge zwischen virtueller und realer Welt fließend.

Rechtsextremisten schürten im Netz irrationale Ängste und Ressentiments gegenüber Minderheiten, so vornehmlich gegen Asylsuchende, betonte der Minister. Über die sozialen Medien sei es ihnen 2018 in mehreren deutschen Städten wiederholt gelungen größere, fremdenfeindlich agitierende Protestpotenziale auf die Straße zu bringen. 

Auch für Islamisten sei die digitale Welt zum zentralen Propagandamedium geworden. Dabei ziele man insbesondere auf junge Menschen, um sie an die Szene heranzuführen und zu binden, so Lewentz. Besorgniserregend sei, dass die Propaganda immer wieder verfange, wie Fälle der individuellen Selbstradikalisierung via Internet zeigten.

Gewaltorientierte Linksextremisten seien vor allem daran interessiert, durch tendenziöse Berichterstattung über öffentlichkeitswirksame Proteste wie 2018 gegen den Kohleabbau im Hambacher Forst die staatliche Ordnung anzugreifen.

Zudem bedienten sich fremde Nachrichtendienste in zunehmenden Maße der digitalen Welt. Mit ihren Helfern, zu denen im Internet agierende „Trolle“ zählen, ließen nichts unversucht, um mit dem Ziel der Destabilisierung Einfluss auf Politik und Gesellschaften westlicher Demokratien zu nehmen. „Die Sicherheitsbehörden werden weiter ein besonderes Augenmerk auf die Aufdeckung solcher Machenschaften richten“, sagte der Innenminister. „Jedem Versuch zur Unterminierung unserer freiheitlichen Demokratie stellen wir uns mit aller Entschiedenheit entgegen“.

Deutschland ist 2018 zwar von einem größeren Anschlag mit islamistischem Hintergrund verschont geblieben. Gleichzeitig hat sich allerdings in Europa der Trend der Vorjahre fortgesetzt, dass jihadistisch motivierte Einzeltäter und Kleinstgruppen sogenannte weiche Ziele ins Visier nahmen und mit einfachen Tatmitteln wie Messern Zivilisten angriffen. Eine hohe Zahl von Ermittlungsverfahren bei der Generalbundesanwaltschaft mit Bezug zum islamistischen Terrorismus zeigt, dass die Bedrohung nicht abgenommen hat. Auch verzeichnen Salafisten, die eine besonders rigorose Form des Islamismus verkörpern, weiterhin Zulauf. „Mit Blick auf die Entwicklung im Islamismus gibt es keine Entwarnung“, resümierte Minister Lewentz. Wichtig bleibe daher die Prävention mit dem Ziel, der Radikalisierung einzelner entgegen zu wirken.

Rechtsextremisten seien verstärkt bestrebt, Anschluss an die gesellschaftliche Mitte zu finden, erläuterte der Minister. Langfristig verfolgten sie das Ziel, ihr Gedankengut im bürgerlich-demokratischen Spektrum zu verankern und die Gesellschaft zu spalten. In Rheinland-Pfalz hätte sich Rechtsextremisten in diesem Sinne beispielsweise wiederholt Demonstrationen in Kandel angeschlossen, die den Mord durch einen afghanischen Flüchtling an einer 15-jährigen Schülerin zum Thema hatten. „Es ist schändlich und entlarvend zugleich, wie Rechtsextremisten die entsetzliche Tat skrupellos für ihre ideologischen Ziele instrumentalisieren“, so Lewentz.

Die öffentliche Verwaltung und die Justiz blieben 2018 primäre Ziele von „Reichsbürger“-Aktivitäten. Die bereits im Vorjahr im Zuge der landesweiten Erfassung des „Reichsbürger“-Potenzials gewonnene Erkenntnis eines zunehmend aggressiveren Auftretens in Schrift und persönlicher Vorsprache habe sich verdichtet. Nicht wenige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung fühlten sich durch das Tun der notorischen Staats- und Rechtsverweigerer bedrängt; Verwaltungsabläufe werden immer wieder behindert. „Diesen Provokationen begegnet das Land mit aller Entschiedenheit. Rechtsverstöße werden konsequent geahndet, die Bediensteten der Verwaltung gegen die Umtriebe der ‚Reichsbürger‘ gewappnet“, so der Innenminister. Als ein Er-folg werde verbucht, dass es bereits gelungen sei, in einer Reihe von Fällen den Entzug waffenrechtlicher Erlaubnisse zu erwirken. 

Die bei Teilen der linksextremistischen Szene kontinuierlich gesunkene Hemmschwelle zur Gewaltanwendung gegenüber Vertretern des Staates oder tatsächlichen bzw. vermeintlichen Rechtsextremisten sei weiterhin besorgniserregend. Signifikant träte dies im Zusammenhang mit Versuchen von Linksextremisten zu Tage, sich an von breiten, zivilgesellschaftlichen Bündnissen getragenen Protestaktionen gegen „rechts“ anzuschließen, wie 2018 in Kandel. Am Rande mehrerer Demonstrationen kam es dort wiederholt zu Gewaltaktionen linksextremistischer Aktivisten. „Dies sind gute Gründe für den Verfassungsschutz, beim Linksextremismus weiterhin genau hinzuschauen - es gibt keine ‚weißen Flecken‘ bei der Beobachtung des Extremismus“, betont Lewentz.

Die Bundesrepublik sei nach wie vor ein vorrangiges Ausspähungsziel fremder Nachrichtendienste. Betroffen seien dabei auch Bereiche der Hoch- und Schlüsseltechnologien. „Deutlich an Dimension zugenommen haben Cyberattacken“, so Lewentz. Großen Stellenwert habe die Sensibilisierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Betrieben, Behörden und allen anderen betroffenen Bereichen.

Handreichung

Verfassungsschutzbericht 2018

Teilen

Zurück