Der einzelne Bürger, der bei einem Vermessungs-und Katasteramt einen Auszug aus dem Liegenschaftskataster abholt, wird es womöglich gar nicht merken. Trotzdem wird dieser Auszug zukünftig ein wenig anders aussehen als bisher. Wer aber digitale Daten des Liegenschaftskatasters oder der Geotopographie (z. B. digitale topographische Karten oder Luftbilder) bezieht, wird beim Erhalt dieser Daten sofort feststellen: die amtlichen Geobasisdaten sind anders. Das hat unmittelbaren Einfluss auf die zahlreichen Nutzer der Geobasisdaten in der Wirtschaft und in der Verwaltung, die die Daten der Vermessungs-und Katasterverwaltung in Geographischen Informationssystemen oder für Vermessungen in der Örtlichkeit verwenden. Amtliches Festpunktinformationssystem (AFIS), Amtliches Liegenschaftskataster-informationssystem (ALKIS) und Amtliches Topographisch-Kartographisches Informationssystem (ATKIS) oder kurz AAA, so heißen die neuen Schlagworte der Vermessungs-und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz. Gleichzeitig sind die dahinter stehenden neuen Informationssysteme die größte Herausforderung, vor die sich die über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vermessungs-und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz seit Jahrzehnten gestellt sehen.
Die Vermessungs-und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz hat sich ehrgeizige Ziele gesetzt. Der Fahrplan sieht so aus, dass neben den nun landesweit neu eingeführten Systemen AFIS und ATKIS auch ALKIS bei den Vermessungs-und Katasterämtern sukzessive bis Ende 2010 landesweit eingeführt ist. Dass ALKIS nicht an einem Stichtag eingeführt werden konnte liegt u. a. an dem ungeheuren Schulungsaufwand für nahezu alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Vermessungs-und Katasterverwaltung. Die Schulung erfolgt mit speziell ausgebildeten Trainern aus der eigenen Verwaltung zeitnah zur Umstellung, damit das erlernte Wissen auch unmittelbar in die Praxis umgesetzt werden kann.
Rheinland-Pfalz ist nun das erste Bundesland, welches diesen neuen Standard für alle drei vorgenannten Informationssysteme eingeführt hat. „Wir sind Spitze und das auch im bundesweiten Vergleich mit den anderen Fachverwaltungen in allen anderen Bundesländern“, konnte Innenmister Karl Peter Bruch auf der Auftaktveranstaltung im LVermGeo verkünden.
Die neuen Informationssysteme nutzen internationale Standards. Es handelt sich um Standards, an denen nicht nur die Vermessungsverwaltungen der Länder sondern auch die Wirtschaft seit vielen Jahren intensiv arbeiten. Mit diesen neuen Standards und den heutigen Möglichkeiten der EDV können die in die Jahre gekommenen Altverfahren erstmals abgelöst können. Die Dimension dieser AAA-Einführung stellte die Vermessungs-und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz vor eine neue, mit dem Bisherigen nicht vergleichbare Herausforderung. „Der Aufwand und die Mühen sind aber gut investiert, weil sie zukunftsgerichtet sind“, so der Innenminister. Da alle Bundesländer diesen Weg gehen, wird es in naher Zukunft einheitliche Daten geben. Ein weiterer Vorteil ist: Die neuen Daten können aufgrund der einheitlichen Standards von allen Geographischen Informationssystemen auch über die Bundesgrenze hinweg gelesen und verarbeitet werden. Die Welt der Geodaten ist in Bewegung geraten und verändert sich fast schlagartig. Dafür stehen Geodatenportale, Webtechnologie oder eben Geographische Informationssysteme. Sie kennzeichnen den Wandel vom mittelständischen Laden mit Bedienung zum Supermarkt mit Selbstbedienung im Bereich der Geodaten. Voraussetzung ist die Bereitstellung der Daten unter definierten Bedingungen und in einheitlicher Struktur. „Normen und Standards machen Geodaten interoperabel und internetfähig. Damit wird eine breite Akzeptanz und Nutzung sichergestellt“, so Bruch.
Als wenn es damit nicht genug wäre. Um über die Bundesgrenze hinweg in ganz Europa mit einheitlichen Koordinaten arbeiten zu können, hat die Vermessungs-und Katasterverwaltung mit der Freischaltung durch Innenminister Karl Peter Bruch zeitgleich auch das Raumbezugssystem umgestellt. Die bisher nur im deutschsprachigen Raum genutzten Gauß-Krüger-Koordinaten sind „out“, ab sofort sind die von GPS-Geräten genutzten UTM-Koordinaten „in“ und die Grundlage des neuen Raumbezugssystems. Damit hat die Vermessungs-und Katasterverwaltung Rheinland-Pfalz die Basis geschaffen für eine europaweite Geodateninfrastruktur und vielerlei eGovernment-Verfahren. Nicht die Bürger sollen laufen, sondern die Daten. Und damit hätte jeder einzelne Bürger dann doch etwas durch die neue Geodatenbasis gewonnen.