„Der Verdacht, dass ein Landesbeamter möglicherweise bewusst und über Jahre hinweg archäologische Funde manipuliert hat, steht in völligem Gegensatz zu unserem Anspruch an das wissenschaftliche Arbeiten in unseren Landesbehörden. Es gelten weiterhin die Unschuldsvermutung und die Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Da wir aber aktuell davon ausgehen müssen, dass andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungsarbeiten auf diesen öffentlichkeitswirksam vorgestellten und publizierten Funden aufbauen, sehen wir uns der Öffentlichkeit gegenüber verpflichtet hierüber zu berichten, um weiteren wissenschaftlichen Schaden abzuwenden“, so Staatssekretärin Simone Schneider.
Erste Überprüfungen belegen, dass mindestens 21 gefundene menschliche Schädel oder Schädelfragmente falsch datiert wurden. Das Innenministerium hat deshalb ein ursprünglich bei der Generaldirektion Kulturelles Erbe (GDKE) geführtes Disziplinarverfahren erweitert. „Die GDKE-internen Recherchen waren von einer Universität ausgelöst worden, die um vertrauliche Unterstützung bei der Aufklärung von Fragen zu einer Dissertation bat, die auf den bislang überprüften rheinland-pfälzischen Funden aufsetzte. Aufgrund immer stärker werdender Zweifel haben wir Anfang 2024 ein externes Institut einbezogen, um eine naturwissenschaftliche Altersbestimmung und eine unabhängige anthropologische Untersuchung durchzuführen“, sagte Generaldirektorin Dr. Heike Otto. Bei lediglich zwei Schädelfragmenten passe zumindest ungefähr die chronologische Einstufung aufgrund einer Datierung ins angegebene 5. Jh. v. Chr., alle anderen stellten sich als erheblich jünger raus. Sie stammen statt aus vorchristlicher Zeit aus dem Mittelalter (7./8. Jh.) oder aus der Neuzeit (1647-1800).
„Es handelt sich um einen einzelnen Mitarbeitenden, der in Verdacht steht in höchstem Maße unwissenschaftlich gearbeitet und Funde manipuliert zu haben. Sein Wirkungskreis lag im Bereich Koblenz. Das bislang bekannte Ausmaß der falschen Datierungen erfordert dringend weitere Aufklärung, für die wir in dieser Woche weitere externe Beratung und Unterstützung hinzugezogen haben. Die Geschichte von Rheinland-Pfalz muss dennoch nicht neu geschrieben werden. Die Funde, um die es geht, lassen sich in räumlicher und zeitlicher Sicht klar eingrenzen“, betonte Schneider. Sie sehe das Land aber in der Pflicht, das genaue Ausmaß betroffener Funde zu ermitteln und aufzuklären. Unterstützung kommt von den ausgewiesenen Fachleuten Dr. Ulf Ickerodt, Landesarchäologe von Schleswig-Holstein, sowie Prof. Dr. Silviane Scharl, Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln.